Rz. 16
§ 239 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sieht als Voraussetzung für einen Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung neben dem Ausscheiden eines Versicherten aus einem knappschaftlichen Betrieb nach Vollendung seines 55. Lebensjahres vor, dass der Versicherte
- nach dem 31.12.1971 seine bisherige Untertagebeschäftigung wegen im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit wechseln musste und
- die Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage erfüllt.
Rz. 16a
Zu a): Wechsel der Untertagebeschäftigung wegen im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit
Der Begriff der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit ist in § 45 Abs. 2 definiert. Im Bergbau verminderte Berufsfähigkeit liegt danach vor, wenn Versicherte infolge Krankheit oder Behinderung weder imstande sind, ihre bisher ausgeübte knappschaftliche Arbeit (sog. Hauptberuf) zu verrichten, noch imstande sind, eine andere im Vergleich zu ihrem Hauptberuf im Wesentlichen wirtschaftlich und qualitativ gleichwertige Arbeit auszuüben. Eine wesentliche wirtschaftliche Gleichwertigkeit i. S. d. § 45 Abs. 2 ist nicht mehr gegeben, wenn die Differenz zwischen dem Tariflohn der Hauptberufstätigkeit und dem der Verweisungstätigkeit größer ist als etwa 12,5 % (BSG, Urteil v. 30.3.1977, SozR 2600 § 45 RKG Nr. 16). Bei Prüfung der qualitativen Gleichwertigkeit sind die beruflichen Qualifikationen der Hauptberufstätigkeit sowie der Verweisungstätigkeit miteinander zu vergleichen. Bei der Verweisungstätigkeit muss es sich um eine Beschäftigung handeln, die im Vergleich zum Hauptberuf von Personen mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten verrichtet wird. Demnach liegt eine qualitative Gleichwertigkeit nicht mehr vor, wenn die Verweisungstätigkeit gegenüber dem Hauptberuf zwar wirtschaftlich gleichwertig ist, die gleichwertige tarifliche Einstufung aber auf qualitätsfremden Merkmalen wie etwa Lärm, Schmutz, Feuchtigkeit oder Ähnlichem beruht (BSG, Urteil v. 23.10.1973, 5 RKn 52/71).
Bezüglich des Begriffs der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit wird im Übrigen auf die Kommentierung zu § 45 Abs. 2 verwiesen.
Die Aufgabe einer Untertagearbeit aufgrund von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit ist auch dann zu bejahen, wenn diese zunächst aus gesundheitlichen Gründen erfolgte und bei dem Versicherten zu einem späteren Zeitpunkt, z. B. infolge Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, spätestens aber bis zum Beginn der Knappschaftsausgleichsleistung, der Leistungsfall der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit eingetreten ist (BSG, Urteil v. 23.2.1967, 5 RKn 65/66).
Der tatsächliche Bezug einer Rente für Bergleute (§ 45 Abs. 1) ist für die Erfüllung der in § 239 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 geforderten Anspruchsvoraussetzung allerdings nicht erforderlich.
Ist die im Bergbau verminderte Berufsfähigkeit später wieder weggefallen und nimmt der Versicherte erneut eine wirtschaftlich und qualitativ gleichwertige Beschäftigung unter Tage auf, so stellt die erste Beendigung der Untertagetätigkeit keine Aufgabe, sondern lediglich eine Unterbrechung dieser Arbeit dar.
Der Wechsel der bisherigen Beschäftigung unter Tage wegen im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit bedingt nach dem Wortlaut des § 239 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nur dann einen Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung, wenn er nach dem 31.12.1971 erfolgt ist. Ein Wechsel der Untertagearbeit vor dem 1.1.1972 kann somit nach dieser alternativen Möglichkeit nicht anspruchsbegründend sein; in diesen Fällen müssten vielmehr die Voraussetzungen des § 239 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) geprüft werden.
Rz. 17
Zu b): Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage
Voraussetzung für die Bewilligung einer Knappschaftsausgleichsleistung auf der Grundlage des § 239 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist u. a. die Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage. Ein Zeitraum von 25 Jahren umfasst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 300 Kalendermonate; hierbei werden Kalendermonate, die nur zum Teil mit ständigen Arbeiten unter Tage belegt sind, als volle Monate angerechnet (§ 122 Abs. 1). Ständige Arbeiten unter Tage (§ 61 Abs. 1) sind Arbeiten, die ihrer Natur nach ausschließlich unter Tage ausgeübt werden. Den ständigen Arbeiten unter Tage gemäß § 61 Abs. 1 werden Arbeiten gleichgestellt, die nach dem Aufgabenbereich eines Versicherten sowohl über Tage als auch unter Tage ausgeübt werden, wenn sie im Laufe eines Kalendermonats an mindestens 18 Schichten überwiegend unter Tage verrichtet worden sind (§ 61 Abs. 2 Nr. 1). Darüber hinaus werden auch Arbeiten als Mitglieder der für den Einsatz unter Tage bestimmten Grubenwehr (§ 61 Abs. 2 Nr. 2) sowie Arbeiten als freigestellte Betriebsratsmitglieder, wenn zuletzt vor der Freistellung ständige Arbeiten unter Tage (§ 61 Abs. 1) oder nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 und 2 gleichgestellte Arbeiten ausgeübt worden sind (§ 61 Abs. 2 Nr. 3), den stän...