Rz. 6
Sinn der Vorschrift ist es, eine Regelung für die Ermittlung von Entgeltpunkten zu schaffen, wenn zwar für Zeiten vor 1991 Pflichtbeitragszahlung zeitlich dem Grunde nach nachgewiesen sind, nicht aber die Höhe des Entgelts. Sofern sich die Höhe des Entgelts nicht ermitteln lässt, wird die Beitragsbemessungsgrundlage aus den Tabellen der Anl. 1 bis 16 zum FRG ermittelt (Abs. 2). § 256c stellt daher eine befristet gültige begünstigende Sonderregelung dar. Grundsätzlich ist nicht nur die Pflichtbeitragszeit dem Grunde nach nachzuweisen, sondern auch die Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage. Von der zweiten nachweispflichtigen Voraussetzung – Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage – macht § 256c daher für Zeiten vor 1991 eine Ausnahme.
Rz. 7
§ 256c gilt dabei aber nur für Pflichtbeitragszeiten vor dem 1.1.1991. Für nach dem 31.12.1990 nur zeitlich nachgewiesene Pflichtbeitragszeiten im gesamten Bundesgebiet fehlt es an einer entsprechenden Regelung. Das bedeutet, dass für diese Zeiten eine Beitragszeit nur dann nachgewiesen ist, wenn auch die Beitragsbemessungsgrundlage, d. h. das Arbeitsentgelt oder das Arbeitseinkommen (der Höhe nach) nachgewiesen ist. Ist das nicht der Fall, gilt § 256b, d. h., es sind dann die Werte der Anl. 13, 14 zum SGB VI maßgebend (zutreffend GRA der DRV zu § 256c SGB VI, Stand: 9.2.2015, Anm. 2).
Rz. 8
Aus Abs. 2 ergibt sich insoweit auch der sachliche Anwendungsbereich. Die Regelung gilt für Zeiten im Gebiet der alten Bundesländer und für Zeiten im Beitrittsgebiet vor dem 1.1.1950. Ab dem 1.1.1950 sieht Abs. 3 insoweit eine weitergehende Regelung für das Beitrittsgebiet vor.
Rz. 9
Abs. 1 Satz 1 regelt die Anwendungsvoraussetzungen.
Rz. 10
Die Vorschrift gilt nur, wenn die Pflichtbeitragszeit zeitlich (also dem Grunde nach) nachgewiesen wurde. Eine Pflichtbeitragszeit wird nachgewiesen durch Unterlagen, aus denen nicht nur Beginn und Ende, sondern auch eventuelle Unterbrechungen der Beschäftigung hervorgehen. Außerdem muss die Tatsache der Beitragszahlung bzw. -pflicht nachgewiesen sein (GRA der DRV zu § 256c SGB VI, Stand: 9.2.2015, Anm. 2).
Rz. 11
Die Anwendung der Vorschrift setzt weiter voraus, dass lediglich die Höhe des Arbeitsverdienstes nicht mehr feststellbar ist, die anderen Tatsachen (zeitlicher Umfang, Beitragszahlung an sich) aber bekannt sind. Für eine Anwendung der Regelung ist deshalb dort kein Raum (auch nicht in entsprechender – also analoger – Anwendung), wenn aufgrund der speziellen Regelung in § 256a Abs. 3a Entgeltpunkte gar nicht auf Grundlage der individuellen Arbeitsentgelte zu ermitteln sind, und sie kommt erst recht nicht infrage, wenn die Höhe der erzielten Arbeitsentgelte und somit auch die jeweilige Beitragsbemessungsgrundlage bekannt ist (BSG, Urteil v. 12.4.2017, B 13 R 25/14 R, Rz. 18). Nur dann kommt der volle Tabellenwert – im Unterschied zu glaubhaft gemachten Beiträgen (vgl. § 256b) – in Betracht. Die Nichtermittelbarkeit muss dabei feststehen. Die Rentenversicherung hat in Ausübung ihres Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 20 SGB X zunächst alles zu unternehmen, die Beitragsbemessungsgrundlage auf andere Weise zu ermitteln (dies ist gängige Praxis, GRA der DRV zu § 256c SGB VI, Stand: 9.2.2015, Anm. 3; mit einer Aufzählung etwaiger Erkenntnisquellen; Krankenkassenbescheinigungen, Tarifverträge, Verdienste der Beschäftigten des gleichen Betriebs u.Ä.).
Rz. 12
Als mögliche Fallgestaltung kommt z. B. in Betracht eine fehlerhafte oder vom Arbeitgeber unterlassene Meldung nach der bis zum 31.12.1998 geltenden 2. DEVO/2. DÜVO oder der Fall, wenn Lohnunterlagen nicht mehr vorhanden sind und sich die Arbeitsverdienste auch nicht auf "sonstige Weise" (Abs. 1, z. B. durch Vergleich mit den Bezügen anderer Arbeitnehmer, anhand früherer oder späterer Entgeltmeldungen) rekonstruieren lassen.
Rz. 13
§ 256c sieht volle Tabellenwerte bei Teilnachweis nur für Zeiten bis zum 31.12.1990 vor. Danach liegende Pflichtbeitragszeiten können, wenn der volle Nachweis nicht möglich ist, lediglich mit 5/6 des Tabellenwertes für glaubhaft gemachte Zeiten angerechnet werden (§ 256b).
Rz. 14
Für im Rahmen von § 256c anerkannte Beitragszeiten kommen sog. Überentgelte i. S. v. § 256a Abs. 3 nicht in Frage.
Rz. 15
Im Übrigen gilt die Vorschrift nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für pflichtversicherte Selbständige (Abs. 5).
Rz. 16
§ 256c schließt auch Berufsausbildungszeiten ein, ohne dass dies ausdrücklich geregelt ist. Sofern also bei nachgewiesenen Ausbildungszeiten (Nachweis z. B. durch Bestätigung des Arbeitgebers oder der Beitragseinzugsstelle) die Höhe des Arbeitsverdienstes nicht belegt werden kann, sind insoweit in analoger Anwendung von § 256 Abs. 1 0,025 Entgeltpunkte für jeden Ausbildungsmonat zu berücksichtigen (GRA der DRV zu § 256c SGB VI, Stand: 9.2.2015, Anm. 6).