2.3.1 Schulische und berufliche Ausbildung (Rentenfälle vor 2005) – Altfälle
Rz. 20
Die seit dem 1.1.1997 aufgrund des WFG maßgebenden Wertbegrenzungen aus § 74 (75 % des individuellen Durchschnittswertes, höchstens 0,0625 Entgeltpunkte je Monat) für eine schulische Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4) und für eine berufliche Ausbildung (§ 54 Abs. 3) galten nach § 263 Abs. 3 i. d. F. bis 31.12.2004 für Rentenbeginnsfälle bis zum 31.12.2004.
Rz. 21
Sofern Zeiten einer beruflichen Ausbildung nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht wurden, galt insoweit ein auf 5/6 reduzierter Höchstwert.
Rz. 22
Regelmäßig kommt für eine berufliche Ausbildung (als beitragsgeminderte Zeit, § 54 Abs. 3) ein Zuschlag an Entgeltpunkten in Betracht (vgl. § 71 Abs. 2).
2.3.2 Schul- und Hochschulausbildung (Rentenfälle ab 2005)
Rz. 23
Schul- und Hochschulzeiten werden nach § 74 Satz 4 ab 1.1.2005 (i. d. F. des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes) nicht mehr bewertet, sondern nur noch als unbewertete Anrechnungszeiten berücksichtigt (zur Begründung vgl. BT-Drs. 15/2149 S. 19).
Rz. 24
Nur noch Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme erfahren eine Bewertung (§ 74 Abs. 1 Satz 1).
Rz. 25
Nach den Entscheidungen des BSG (Urteile v. 19.4.2011, B 13 R 27/10 R, B 13 R 28/10 R, B 13 R 29/10 R; mit Anm. von Ruland, SGb 2012, 241 und Spiolek, jurisPR-SozR 8/2012 Anm. 3; vgl. auch Lindner, NZS 2015, 374; dem folgend auch BSG, Beschluss v. 4.5.2023, B 5 R 30/23 B; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 11.1.2018, L 3 R 347/17; vgl. auch BSG, Urteil v. 21.3.2018, B 13 R 15/16 R, Rz. 30 unter Hinweis auf die vom BSG festgestellte Verfassungsmäßigkeit der Regelung in § 74 Satz 4: BSG, Urteil v. 19.4.2011, B 13 R 55/10 R, Rz. 26 ff.; vgl. auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 2.12. 2022 – L 17 R 127/21 –, Rn. 30) ist diese Regelung verfassungskonform und verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) oder die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) (vgl. zum lediglich abgeleiteten Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG bei Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung auch BSG, Beschluss v. 22.7.2015, B 13 R 125/15 B). Die entsprechenden Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschlüsse v. 18.5.2016, 1 BvR 2217/11, 1 BvR 2218/11, 1 BvR 2219/11 und 1 BvR 2430/11, mit Anm. in SozSichplus 2016, Nr. 9, 1). Die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 i. V. m. § 263 Abs. 3 (jeweils i. d. F. des RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004) verstößt auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (BSG, Urteil v. 19.4.2011, B 13 R 8/11 R und B 13 R 55/10 R).
2.3.2.1 Wertbegrenzungen – 75 % und 0,0625 Entgeltpunkte (Satz 1 und 2)
Rz. 26
Wie in § 74 Abs. 1 Satz 1 und 2 sah Abs. 3 Satz 1 und 2 die maßgebenden Wertbegrenzungen – 75 % des individuellen Durchschnittswertes nach Satz 1 und höchstens 0,0625 Entgeltpunkte je Monat nach Satz 2 – vor, die jedoch nur noch für Rentenbeginnsfälle bis zum 31.12.2004 – also für Altfälle – gelten (vgl. oben unter Rz. 20 ff. Schulische und berufliche Ausbildung – Altfälle). Hierbei handelt(e) es sich um Höchstwerte i. S. eines Grenzwertes, der nicht überschritten werden darf (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.10.2013, L 3 R 738/12; noch zu § 263 Abs. 3 Satz 1 a. F.).
2.3.2.2 Bewertung 3 Jahre (Satz 3)
Rz. 27
Der Gesetzgeber des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes hat in § 263 Abs. 3 aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung getroffen (BSG, Urteil v. 21.3.2018, B 13 R 15/16 R, Rz. 30). Schul- und Hochschulzeiten wurden für maximal 3 Jahre bewertet (Abs. 3 Satz 3 entsprechend § 74 Satz 4 i. d. F. v. 31.12.2004). Darauf wurden Zeiten des Fachschulbesuchs oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angerechnet (vgl. auch Komm. zu § 74). Dabei führten entsprechend belegte Kalendermonate, die zugleich Pflichtbeitragszeiten wegen Tätigkeiten in den Schul- oder Semesterferien waren, nicht zur Streckung, Verlängerung oder gar Vergrößerung des 3-Jahres-Zeitraumes des § 263 Abs. 3 Satz 3 (Sächs. LSG, Urteil v. 1.3.2016, L 5 KN 162/15).
Rz. 27a
Bewertet werden mit diesem Höchstwert nach § 263 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 122 Abs. 3 nur die ersten 36 Monate des Schul- bzw. Hochschulbesuchs nach Vollendung des 17. Lebensjahres (BSG, Urteil v. 21.3.2018, B 13 R 15/16 R, Rz. 30).
2.3.2.3 Übergangszeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 – Tabelle (Satz 4)
Rz. 28
Aus Gründen des Vertrauensschutzes für rentennahe Jahrgänge (BT-Drs. 15/2149 S. 29) galt dies erst nach einer 4-jährigen Übergangszeit, die vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 reichte (§ 263 Abs. 3 i. d. F. ab 1.1.2005). Abhängig von Monat und Jahr des Rentenbeginns wurden nach der in Satz 4 enthaltenen Tabelle die Ausgangswerte (75 % des Gesamtleistungswertes, maximal 0,0625 Entgeltpunkte, Abs. 3 Satz 1 und 2), die in vollem Umfang nur noch bei einem Rentenbeginn im Januar 2005 galten, stufenweise um jeweils 1/48 reduziert und betrugen zuletzt (Rentenbeginn im Dezember 2008) nur noch 1,56 % bzw. 0,0013 Entgeltpunkte. Für Renten, die ab 1.1.2009 beginnen, entfällt die Bewertung dieser Ausbildungszeiten gänzlich.
Rz. 29
Für Zeiten des Fachschulbesuchs hat sich demgegenüber ab 1.1.2005 nichts geändert (§ 74 Satz 1).