2.1 Tabellenlebensalter (Satz 1)
Rz. 9
Bei der Ermittlung des Zugangsfaktors für Erwerbsminderungsrenten und Renten wegen Todes, die vor dem 1.1.2024 beginnen bzw. bei denen der Tod vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist, treten anstelle des 62. und 65. Lebensjahres (vgl. § 77 Abs. 2 und 3) die sich aus der Tabelle in § 264d Satz 1 zum jeweiligen Rentenbeginn bzw. Todeszeitpunkt ergebenden Lebensalter.
Rz. 10
Bei der Ermittlung des jeweils maßgebenden Tabellenlebensalters für die Bestimmung des Zugangsfaktors ist nach dem Wortlaut der Vorschrift bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit der Zeitpunkt des Rentenbeginns maßgebend.
Rz. 11
Bei Renten wegen Todes hingegen kommt es auf den Zeitpunkt des Todes des Versicherten an. Insoweit hat der Zeitpunkt des Rentenbeginns für Renten wegen Todes keine Bedeutung.
Rz. 12
Demgegenüber kommt es bei Erziehungsrenten, die zu den Renten wegen Todes gehören, auf den Beginn der Rente und nicht auf den Todeszeitpunkt des Versicherten an (vgl. GRA der DRV zu § 264d SGB VI, Stand: 11.11.2015, Anm. 2).
Rz. 13
Die sich aus der Tabelle ergebenden Lebensalter bestimmen sich bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. bei Erziehungsrenten allein nach dem Beginn der Rente (§ 99). Der Rentenbeginn ist bei Erwerbsminderungsrenten auch dann maßgebend, wenn die der Rente zugrunde liegenden Entgeltpunkte zu einem späteren Zeitpunkt wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen (§ 96a) neu festzustellen sind: Eine Änderung des Rentenbeginns ist damit nicht verbunden. Die maßgebenden Tabellenlebensalter bleiben deshalb unverändert (vgl. insgesamt GRA der DRV zu § 264d SGB VI, Stand: 11.11.2015, Anm. 2).
Rz. 14
Sofern Entgeltpunkte bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor weiterhin maßgebend (vgl. § 77 Abs. 3).
Rz. 15
Das Tabellenlebensalter tritt dabei anstelle des 62. und 65. Lebensjahres und wird ausgehend von dem maßgeblichen Zeitpunkt bestimmt – Beginn der Rente (wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder bei Erziehungsrente) oder Zeitpunkt des Todes (zur Ermittlung des maßgebenden Tabellenalters anhand des Rentenbeginnalters oder des Zeitpunkts des Todes vgl. Fallgestaltung nebst Beispielen auch: GRA der DRV zu § 264d SGB VI, Stand: 11.11.2015, Anm. 2). Anhand des so bestimmten Tabellenlebensalters wird dann der Abschlag des Zugangsfaktors nach den Maßgaben des § 77 ermittelt (vgl. Komm. zu § 77).
Rz. 16
Nach § 264c i. d. F. bis zum 31.12.2007 war für Erwerbsminderungsrenten oder Renten wegen Todes, die vor 2004 begonnen haben, anstelle des 60. Lebensjahres – mit Beschränkung einer Rentenminderung auf maximal 10,8 % – das sich aus Anlage 23 ergebende Lebensalter (abhängig vom Jahr und Monat des Rentenbeginns) für die Bildung des Zugangsfaktors maßgebend (vgl. weitergehend zur alten Rechtslage bis 31.12.2007 auch: GRA der DRV zu § 264d SGB VI, Stand: 11.11.2015, Anm. 3).
Rz. 17
Die Anlage 23 findet keine Anwendung, sofern der Versicherte bei Beginn der Erwerbsminderungsrente oder Rente wegen Todes das sich aus der Anlage ergebende Lebensalter bereits überschritten hatte. Insoweit richtete sich der Zugangsfaktor nach dem tatsächlichen Lebensalter bzw. dem Lebensalter im Zeitpunkt des Todes.
2.2 Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Minderung des Zugangsfaktors
2.2.1 Erwerbsminderungsrenten
Rz. 18
Die Absenkung des Zugangsfaktors für Erwerbsminderungsrenten bei Renteneintritt vor dem 60. Lebensjahr ist verfassungsgemäß und stellt weder eine Verletzung der Eigentumsgarantie noch Art. 14 GG noch eine unzulässige Gleichbehandlung von Erwerbsminderungsrentnern mit Altersrentnern i. S. d. Art. 3 GG dar (BVerfG, Beschluss v. 11.1.2011, 1 BvR 3588/08; mit Anm. Becker, SGb 2012 S. 41 und Kohne, Kompass/KBS 2011, Nr. 7/8 S. 12, 17; dem BVerfG folgend auch BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 5 R 18/11 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.10.2018, L 10 R 2783/16, Rz. 24; unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss v. 11.1.2011, 1 BvR 3588/08, vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.6.2019, L 7 R 674/17, Rz. 20; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 19.7.2018, L 7 R 257/18, Rz. 26, und LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.5.2015, L 4 R 388/15, Rz. 26).
2.2.2 Hinterbliebenenrenten
Rz. 19
Die Absenkung des Zugangsfaktors für Hinterbliebenenrenten ist ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; die Finanzierbarkeit und damit die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, legitimiert die Absenkung. Zudem darf der Gesetzgeber, um eine Besserstellung von Hinterbliebenen gegenüber Versicherten zu vermeiden, auf das Alter des Versicherten zum Todeszeitpunkt anstelle auf das Alter des Hinterbliebenen abstellen. Diese rechtfertigenden Gründe schließen nicht nur eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch von Art. 3 Abs. 1 GG aus (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 7.2.2011, 1 BvR 642/09).
2.3 35 anstelle von 40 Pflichtbeitragsjahren (Satz 2)
Rz. 20
Bei Erwerbsminderungsrenten und Hinterbliebenenrenten verbleibt es im Übergangszeitraum bis zum Jahr 2023 für Versicherte mit 35 Pflichtbeitragsjahren bei dem bisher maßgebenden Lebensalter von 60 bzw. 63 Jahren (§ 264d Satz 2, vgl. Rz. 3). § 77 Abs. 4 i. d. F. ab 1.1...