Rz. 10
§ 32 Abs. 1 fordert vom Rehabilitanden, der zulasten der Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe erhält, lediglich eine Zuzahlung bei stationären medizinischen Rehabilitationsleistungen i. S. d. § 15. Diese stationären Leistungen lösen allerdings nur dann eine Zuzahlungsverpflichtung aus, wenn sie – und das ist der Sinn von Leistungen nach § 15 – unmittelbar der Förderung des Rehabilitationsgeschehens dienen. Deshalb entfällt die Zuzahlungsverpflichtung bei stationären
- Untersuchungen,
- Nach- und Kontrolluntersuchungen sowie
- Beobachtungen,
wenn an diesen Tagen keine Förderung i. S. d. Eingliederns in Arbeit, Beruf und Gesellschaft erfolgt. Die Zuzahlungsverpflichtung entfällt auch, wenn eine Entwöhnungs- bzw. Adaptionseinrichtung im Vorgriff auf eine geplante stationäre Entwöhnung/Adaption mit dem Abhängigkeitskranken Gespräche zur Abklärung der "Geeignetheit" führt.
Rz. 11
Bei ambulanten/teilstationären Rehabilitationsleistungen ist vom Versicherten ebenfalls keine Zuzahlung zu leisten. Ambulant/teilstationär bedeutet, dass der Versicherte nicht in einer Einrichtung (z. B. Reha-Klinik) untergebracht ist, sondern an allen Tagen, an denen er Rehabilitationsleistungen in einer meist wohnortnahen Einrichtung in Anspruch nimmt, an seinen Wohnort zurückkehrt. Ob während der ambulanten (teilstationären) medizinischen Rehabilitationsleistung auch eine Mahlzeit gereicht wird, ist für die Beurteilung der Zuzahlungspflicht unbedeutend.
Wird eine begonnene stationäre Rehabilitationsleistung in eine ambulante Rehabilitationsleistung umgewandelt, ist nur für die Zeit der stationären Rehabilitationsleistung eine Zuzahlung zu leisten.
Rz. 12
Zu den zuzahlungsauslösenden medizinischen Rehabilitationsleistungen zählen auch stationäre Belastungserprobungen und Arbeitstherapien i. S. d. § 42 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 11.8.1989, L 14 An 11/89).
Ob der Rehabilitand in einer rentenversicherungsträgereigenen Einrichtung oder in einer Vertragseinrichtung stationär untergebracht ist, spielt keine Rolle. Die Zuzahlungsverpflichtung besteht auch unabhängig davon, ob die stationäre Rehabilitationsleistung i. S. d. § 15 in Deutschland oder im Ausland (§ 31 SGB IX) durchgeführt wird.
Die Zuzahlungsverpflichtung besteht auch, wenn der Versicherte trotz laufenden stationären Aufenthalts z. B. wegen Unwohlseins nicht an Leistungen teilnimmt, aber weiterhin vollstationär in der Rehabilitationseinrichtung verbleibt. Vielmehr handelt es sich bei der Zuzahlungspflicht um eine selbstständige, dem Rentenversicherungsträger gegenüber bestehende gesetzliche Zahlungspflicht, die zwar ihrerseits auf einem sozialrechtlichen Leistungsverhältnis beruht, aber nicht umgekehrt den Rechtsgrund bzw. die Rechtmäßigkeit der erbrachten Leistung als solche tangiert. § 32 regelt auch nicht die Reha-Leistung selbst, sondern nur, wie bereits die Überschrift ausweist ("Zuzahlung bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation …"), den bei Erbringung der eigentlichen Reha-Leistung gesondert entstehenden Zuzahlungsanspruch des Rentenversicherungsträgers (BSG, Urteil v. 21.6.2000, B 4 RA 52/99 R, sowie SG Münster, Urteil v. 31.5.2021, S 14 R 142/21).
Rz. 13
Im Falle der Unterbrechung der stationären medizinischen Rehabilitationsleistung aufgrund einer interkurrenten Erkrankung (hinzutretende akute und sofort behandlungsbedürftige Erkrankung; z. B. Herzinfarkt; vgl. Vereinbarung zur Leistungsabgrenzung nach § 13 Abs. 4 SGB VI v. 21.1.1993, vgl. Komm. zu § 13) sind die Unterbrechungstage bei der Zuzahlung auszusparen, weil an diesen Tagen keine Behandlung/Therapie stattfindet. Bei einer notwendigen Verlegung in ein Krankenhaus hat der Rehabilitand die Zuzahlung für den Verlegungstag an die Krankenkasse und für den Rückverlegungstag an den Rentenversicherungsträger zu zahlen (vgl. auch Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände der Krankenkassen v. 5./6.10.1995, LR-SGB V, §§ 39-41 S. 308). Wird die Rehabilitationsleistung zulasten der Rentenversicherung nach der Unterbrechung fortgesetzt, gelten beide Teile als eine Einheit.
Rz. 14
Findet für eine stationäre Rehabilitationsleistung eine Erstattung selbstbeschaffter Leistungen nach § 18 SGB IX statt, ist § 32 SGB VI ebenfalls anzuwenden. Der Erstattungsanspruch mindert sich um den Betrag, den der Rehabilitand nach Prüfung aller Zuzahlungsvorschriften als Zuzahlung zu leisten gehabt hätte. Auf die Höchstzuzahlungsdauer werden die Tage der selbstbeschafften Rehabilitationsleistung angerechnet.