Rz. 11
Abs. 1 Satz 1 regelt eine personenspezifische Versicherungspflicht auf Antrag bei Auslandsbezug.
2.1.1 Voraussetzungen des Eintritts der Antragspflichtversicherung im Überblick
Rz. 12
Die Versicherungspflicht auf Antrag tritt nur ein, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
- kein gesetzlicher Pflichtversicherungstatbestand in der gesetzlichen Rentenversicherung (Auffangfunktion des § 4),
- die in § 4 vorgegebenen jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen sind in der Person des zu Versichernden erfüllt,
- Antrag und
- keine Versicherungsfreiheit und keine Befreiung.
2.1.2 Persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 13
Der in den Nr. 1 bis 3 genannte Personenkreis – also der persönliche Anwendungsbereich – ist abschließend geregelt.
2.1.3 Antrag
Rz. 14
In allen Versicherungspflichttatbeständen ist der Antrag notwendig.
Rz. 15
Der Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des öffentlichen Rechts auf die zivilrechtliche Regelungen zur Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, die analog Anwendung finden. Der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden und wird mit Zugang bei einer gemäß § 16 SGB I für die Entgegennahme zuständigen Stelle wirksam. Er kann nur angefochten werden (§§ 119 ff. BGB), eine Rücknahme ist nach Eintritt der Bindungswirkung nicht möglich. Das Antragsrecht ist für die einzelnen Personenkreise unterschiedlich geregelt.
Rz. 16
Der Antrag auf Versicherungspflicht bedarf keiner besonderen Form. Erforderlich ist lediglich eine auf Eintritt in die Antragspflichtversicherung gerichtete Willenserklärung. Für die Antragstellung gilt § 16 SGB I entsprechend.
Rz. 17
Da der Antrag konstitutiv ist, kann er nicht mehr nachgeholt werden (BSG, Urteil v. 26.4.2005, B 5 RJ 6/04 R, das BSG hat aber auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verwiesen). Die Frist zur Antragstellung des § 4 Abs. 2 ist daher vom BSG zutreffend auch als eine Ausschlussfrist gewertet worden (BSG, Urteil v. 16.6.2021, B 5 RE 7/19 R, Rz. 26), sodass auch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 27 SGB X ausscheidet.
2.1.4 Antragsrücknahme
Rz. 18
Eine Antragsrücknahme ist grundsätzlich möglich; allerdings nur bis zum Eintritt der Bindungswirkung i. S. d. § 77 SGG des die Versicherungspflicht feststellenden Verwaltungsaktes.
2.1.5 Antragsberechtigung – Inlandssitz
Rz. 19
Antragsberechtigt sind nur Stellen mit einem Inlandssitz. Was Inland ist, ergibt sich aus § 3 Nr. 1 SGB IV; die beantragende Stelle muss daher ihren (Geschäfts)Sitz im Geltungsbereich des SGB IV haben – also in Deutschland.
Rz. 20
Antragsberechtigt sind Institutionen, die auch Beitragsschuldner sind; so für den Personenkreis des Abs. 1 die in § 170 Abs. 1 Nr. 4 genannten Stellen; antragsberechtigt sind dabei regelmäßig die Arbeitgeber. Lassen dabei verschiedene Unternehmen eines Konzerns solche Vorgänge von einer gemeinsamen Stelle abwickeln, bleibt gleichwohl der Sitz des Unternehmens, das die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 beantragt und welches auch zum Beitragsschuldner gemäß § 170 Abs. 1 Nr. 4 wird, maßgeblich (vgl. auch GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 2.10).
Rz. 21
Ausdrücklich ausgeschlossen von der Antragsberechtigung nach Abs. 1 ist daher der Versicherte selbst. Da mit § 4 aber ein dispositives Recht umgesetzt wird, ist die Zustimmung des Versicherten konstitutiv.
Rz. 22
In den Fällen der Abs. 2 und 3 ist antragsberechtigt hingegen der Versicherte selbst.
2.1.6 Empfangszuständiger Träger
Rz. 23
Sofern der im Ausland Beschäftigte keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt mehr im Inland hat, ist für den Antrag auf Versicherungspflicht für den Personenkreis nach § 4 Abs. 1 der Regionalträger zuständig, in dessen Bereich die antragstellende Stelle ihren Sitz hat. § 30 Abs. 3 SGB I regelt die Voraussetzungen für die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt. Der Sitz der antragstellenden Stelle gilt in diesen Fällen als Beschäftigungsort; § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 10 Abs. 2 Satz 2 (vgl. auch GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 2.10).
2.1.7 Prüfungskompetenz- und Umfang
Rz. 24
Die für die Entscheidung über die Pflichtversicherung auf Antrag zuständigen Rentenversicherungsträger sind allumfassend entscheidungsbefugt und auch entscheidungsverpflichtet. Der zuständige Rentenversicherungsträger entscheidet daher nicht nur über das Vorliegen der Voraussetzungen einer Versicherungspflicht auf Antrag, sondern auch über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Versicherungspflicht an sich. Unzulässig ist daher eine Elementenfeststellung, wie z. B. die Versicherungspflicht dem Grunde nach.
2.1.8 Entwicklungshelfer (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1)
Rz. 25
Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sind auf Antrag versicherungspflichtig Entwicklungshelfer. Der Begriff des Entwicklungshelfers i. S. v. § 4 Abs. 1 Nr. 1 wird in § 1 Entwicklungshelfer-Gesetz (EhfG) v. 18.6.1969 (BGBl. I S. 549) definiert. § 1 Abs. 1 EhfG sieht in Nr. 1 bis 4 Voraussetzungen vor, die kumulativ vorliegen müssen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 EhfG sind Entwicklungshelfer solche Personen, die in Entwicklungsländern ohne Erwerbsabsicht Dienst leisten, um in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Fortschritt dieser Länder beizutragen (Entwicklungsdienst).
Rz. 26
Der Entwicklungshelfer muss sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 EhfG für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindes...