Rz. 23
Über die vorgenannten (Katalog-)Fälle (Rz. 18 ff. und 21 f.) hinaus ist nach der Rechtsprechung des BSG von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarkts und damit vom Eintritt des Versicherungsfalls der vollen Erwerbsminderung auch dann auszugehen, wenn Versicherte nur noch Arbeiten auf Arbeitsplätzen ausüben können, die ihnen nicht zugängig (arbeitsmarktgängig) sind, weil derartige Arbeitsplätze nur bestimmten Personengruppen vorbehalten sind oder ihre Ausfüllung besondere Qualifikationsmerkmale erfordert, über die Versicherte üblicherweise nicht verfügen. Dies gilt (nach den vom BSG entwickelten weiteren Katalogfällen; vgl. hierzu auch Rz. 80) insbesondere für sog. Schonarbeitsplätze, d. h. Arbeitsplätze, die regelmäßig leistungsgeminderten Angehörigen des eigenen Betriebs vorbehalten bleiben und deshalb für Betriebsfremde nicht zur Verfügung stehen (BSG, SozR 2600 § 46 Nr. 1; SozR 2200 § 1246 Nr. 86; Nr. 101; BSG, Urteil v. 30.11.1983, 5a RKn 28/82), oder für Arbeitsplätze, die nur an bewährte Mitarbeiter des eigenen Betriebs als Aufstiegspositionen durch Beförderung oder Höherstufung vergeben werden (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 71).
Rz. 24
Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts ist außerdem anzunehmen, wenn der Versicherte nur Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausüben kann, die auf dem Arbeitsmarkt nur in ganz geringer Zahl vorkommen (BSG, SozR 2200 § 1241d Nr. 5; SozR 2200 § 1246 Nr. 82), was etwa anzunehmen ist, wenn es bundesweit nicht mehr als 300 der in Betracht kommenden Arbeitsplätze gibt (vgl. BSG, Urteil v. 25.7.2001, B 8 KN 14/00 R; vgl. hierzu Rz. 31).
Rz. 25
Diese – vom BSG zum Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit entwickelten – Katalogfälle sind im Rahmen der Ansprüche auf Rente wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung nach § 43 i. d. R. ohne Bedeutung, denn hierbei ist nur das Leistungsvermögen des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu beurteilen, nicht hingegen sein Leistungsvermögen zur Ausübung bestimmter Berufe oder zur Erfüllung der Anforderungen bestimmter Arbeitsplätze. (vgl. BT-Drs. 14/4230 S. 25; vgl. auch BSG, Urteil v. 19.10.2011, B 13 R 78/09 R). Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst nämlich jedwede Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt. Das Merkmal "allgemein" grenzt den Arbeitsmarkt lediglich von Sonderbereichen ab, wie z. B. Werkstätten für Behinderte und andere geschützte Einrichtungen (Kamprad, in: Hauck/Nofz, SGB VI, K § 43 Rz. 35 f.). Im Rahmen des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsminderung nach § 43 hat die Frage, ob Versicherten bestimmte Arbeitsplätze zugängig sind oder ob sie den Anforderungen bestimmter Arbeitsplätze gewachsen sind, nur bei der Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Behinderung Bedeutung (vgl. hierzu Rz. 26).