Rz. 18
Die Kindererziehungszeit beginnt mit Ablauf des Monats der Geburt eines Kindes und endet für nach dem 31.12.1991 geborene Kinder nach 36 Kalendermonaten (Abs. 5 Satz 1, Umkehrschluss aus § 249 Abs. 1). Für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind endet die Kindererziehungszeit bereits 30 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt (§ 249 Abs. 1). Die ersten 36/30 Kalendermonate nach der Geburt eines Kindes werden auch als Primär-Kindererziehungszeit bezeichnet, in der die Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten vorliegen müssen.
Bei Wegfall mindestens einer der in Abs. 2 bis Abs. 4 genannten Voraussetzungen während einer laufenden Primär-Kindererziehungszeit (z. B. durch Erziehungswechsel, Tod oder Heimunterbringung des Kindes, Tod des erziehenden Elternteils, Berufung des Erziehenden in ein Beamtenverhältnis, gewöhnlicher Aufenthalt des Erziehenden und des Kindes im Ausland), endet die Pflichtversicherung wegen Kindererziehung nach § 3 Satz 1 Nr. 1 vorzeitig. Dabei ist der Wegfallzeitpunkt auf den Tag genau zu bestimmen. Kalendermonate, die nur zum Teil mit Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung belegt sind, zählen allerdings in Anwendung der allgemeinen Berechnungsregelung des § 122 Abs. 1 als volle Monate. Sie erhalten deshalb in der allgemeinen Rentenversicherung nach § 70 Abs. 2 Satz 1 – ebenso wie volle Kalendermonate mit Kindererziehungszeiten – 0,0833 Entgeltpunkte und bei Durchführung der Versicherung wegen Kindererziehung in der knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 137 Nr. 1) nach § 83 Abs. 1 Satz 1 0,0625 Entgeltpunkte.
Rz. 19
Wird während einer Primär-Kindererziehungszeit i. S. v. Abs. 5 Satz 1 vom erziehenden Elternteil ein weiteres Kind erzogen, für das ihm Kindererziehungszeiten anzurechnen sind, ist die Primär-Kindererziehungszeit für dieses und jedes weitere Kind um die Anzahl der Kalendermonate der gleichzeitigen Erziehung zu verlängern (sog. Verlängerungszeit gemäß Abs. 5 Satz 2). Die Verlängerungszeit ist dabei auch dann als Kindererziehungszeit zu berücksichtigen, wenn in dieser Zeit die in Abs. 2 bis 4 genannten Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nicht mehr vorliegen.
Rz. 20
Geburt des Kindes A ist am 24.5.2015.
Primär-Kindererziehungszeit i. S. v. Abs. 5 Satz 1 = vom 1.6.2015 bis 31.5.2018
Geburt des Kindes B ist am 17.7.2017.
Primär-Kindererziehungszeit i. S. v. Abs. 5 Satz 1 = vom 1.8.2017 bis 31.7.2020
Die vorgenannten Kindererziehungszeiten sind der leiblichen Mutter für beide Kinder nach Abs. 2 Satz 1 insgesamt zuzuordnen.
Lösung:
Im Versicherungskonto der leiblichen Mutter der Kinder A und B sind folgende Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 vorzumerken:
vom 1.6.2015 bis 31.7.2020 = 62 KM Primär-Kindererziehungszeit gemäß Abs. 5 Satz 1
vom 1.8.2020 bis 31.5.2021 = 10 KM Verlängerungszeit gemäß Abs. 5 Satz 2 aufgrund der zeitgleichen Erziehung von 2 Kindern in der Primär-Kindererziehungszeit vom 1.8.2017 bis zum 31.5.2018
Insgesamt ist damit der leiblichen Mutter für ihre beiden nach dem 31.12.1991 geborenen Kinder die Zeit vom 1.6.2015 bis zum 31.5.2021 (= 72 KM) als Pflichtbeitragszeit aufgrund von Kindererziehung (§ 56 Abs. 1 bis 5, § 55 Abs. 1 Satz 1) anzuerkennen.
Geburt der Zwillinge C und D ist am 17.4.2019.
Primär-Kindererziehungszeit i. S. v. Abs. 5 Satz 1 = vom 1.5.2019 bis 30.4.2022
Die Zwillinge werden von der leiblichen Mutter, die am 1.9.2020 in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen worden ist, allein im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen.
Lösung:
Im Versicherungskonto der leiblichen Mutter der Kinder sind folgende Pflichtbeitragszeiten gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 vorzumerken:
vom 1.5.2019 bis 31.8.2020 = 16 KM Primär-Kindererziehungszeit gemäß Abs. 5 Satz 1;
ab 1.9.2020 besteht ein Ausschlussgrund nach Abs. 4 Nr. 3, sodass ab diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Primär-Kindererziehungszeit mehr anerkannt werden kann.
vom 1.9.2020 bis 31.12.2021 = 16 KM Verlängerungszeit gemäß Abs. 5 Satz 2;
in dieser Zeit müssen die in Abs. 2 bis 4 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.