Rz. 23
Die Regelung in Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 geht davon aus, dass die nicht deutschen Besatzungsmitglieder deutscher Schiffe für die Zeit ihrer Beschäftigung im Alterssicherungssystem ihres Heimatstaates versichert sind oder werden. Als deutsche Seeschiffe gelten gemäß § 13 Abs. 2 SGB IV alle zur Seefahrt bestimmten Schiffe, die berechtigt sind, die Bundesflagge zu führen. Diese sind als "schwimmender Gebietsteil des Heimatlandes" anzusehen (BSG, Urteil v. 29.11.1973, 8/2 RU 158/72). Wer Besatzungsmitglieder sind, bestimmt sich nach den Regelungen des Seemannsgesetzes. Nach § 3 SeemG sind Besatzungsmitglieder die Schiffsoffiziere (§ 4 SeemG), die sonstigen Angestellten (§ 5 SeemG) und die Schiffsleute (§ 6 SeemG). Dazu gehören alle auf dem Schiff seemännische Dienste leistenden Personen sowie die sonstigen Arbeitnehmer (z. B. Köche, Verkäufer etc.). Nicht dazu zählen Lotsen. Entsprechend dem Territorialitätsprinzip unterliegen grundsätzlich auch ausländische oder staatenlose Besatzungsmitglieder der Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung. Die Vorschrift ermöglicht es aber dem Arbeitgeber, nichtdeutsche Besatzungsmitglieder von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, weil nach der Eigenart der Beschäftigung es unwahrscheinlich ist, dass Wartezeiten für Leistungsansprüche erfüllt werden können (BSG, Urteil v. 29.6.1984, 12 RK 15/81). Dies gilt aber nicht für Seeleute aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (vgl. insoweit auch GRA der DRV zu § 6 SGB VI, Stand 8.5.2023, Anm. 4.2.1.1).
Rz. 23a
Deshalb erfolgte zum 29.6.2011 eine Rechtsklarstellung. Bereits nach geltendem europäischem Recht sind Seeleute aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in die Versicherungspflicht nach dem SGB VI einzubeziehen. Dies ist auch sinnvoll, da diese – anders als die übrigen ausländischen Seeleute mit Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union – aus den erworbenen Anwartschaften ggf. durch die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten Rentenansprüche erwerben können (BR-Drs. 846/10 S. 32); vgl. Art. 6 EGV 883/2004. Auch Staatsangehörige von Drittstaaten, die ein vorübergehendes oder ständiges Aufenthaltsrecht und somit einen rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat besitzen, sind von der Befreiung auf Antrag ausgeschlossen. Diese Personengruppe ist nach dem Koordinierungsrecht in den persönlichen Geltungsbereich der europäischen Verordnung Nr. 883/2004 einbezogen; vgl. Art. 1 lit. h, 2 Abs. 1, 6 VO (EG) Nr. 883/2004 (vgl. GRA der DRV zu § 6 SGB VI, Stand: 8.5.2023, Anm. 4.2.1.3). Dies gilt des Weiteren auch für die Staatsangehörigen der Staaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat; auch für diese Personen kann eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ebenfalls nicht ausgesprochen werden (vgl. zu den Staaten, mit denen Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat: GRA der DRV zu § 6 SGB VI, Stand: 8.5.2023, Anm. 4.2.1.2).