Rz. 81
Satz 1 bestimmt, dass für eine Rente wegen Alters aus den hochgerechneten beitragspflichtigen Einnahmen i. S. d. § 194 Abs. 1 Satz 6 Entgeltpunkte wie aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln sind. Bei Rentenantragstellung verpflichtet § 194 Abs. 1 Satz 1 den Arbeitgeber auf Verlangen des Rentenantragstellers, die beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume frühestens 3 Monate vor Rentenbeginn gesondert zu melden; sog. Sondermeldung.
Rz. 82
Satz 1 war bereits im Kern Gegenstand der Norm bei Einführung von § 70 in das SGB VI durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992, BGBl. I 1989 S. 2261, Berichtigung in BGBl. I 1990 S. 1337). Schon damals war bestimmt, dass das mit der Vorausbescheinigung nach § 194 Abs. 1 Satz 1 a. F. bescheinigte voraussichtlich zu erzielende Arbeitsentgelt für die Berechnung der Rente maßgebend ist, sofern es die Zeit der letzten 3 Monate vor Rentenbeginn erfasst (BT-Drs. 11/4124 S. 170; im Gesetzesentwurf noch § 69 geregelt unter Bezugnahme auf die Regelung zur Vorausbescheinigung – heute § 194 – im Gesetzesentwurf noch § 189).
Rz. 83
Durch das Zweite Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. 7.9.2007 (BGBl. I S. 2246) hat der Gesetzgeber die in § 194 Abs. 1 Satz 1 geregelte Vorausbescheinigung zum 1.1.2008 durch die Sondermeldung ersetzt. Seitdem ist der Arbeitgeber nur noch verpflichtet, für bereits abgerechnete (= abgelaufene) Zeiträume Meldungen zu erstatten, statt Entgeltvorausbescheinigungen zu erstellen. Die Neuregelung des § 194 Abs. 1 Satz 1 wurde zur Entlastung von Arbeitgebern geschaffen (BT-Drs. 16/4391 S. 40; zur Zielsetzung der Gesetzesänderung vgl. auch GRA der DRV zu § 194 SGB VI, Stand: 26.11.2020, Anm. 4).
Rz. 84
Die Entlastung der Arbeitgeber ging einher mit der Verpflichtung der Rentenversicherungsträger. Seit dem 1.1.2008 erfolgt nunmehr nach § 194 Abs. 1 Satz 6 die Vorausberechnung – sog. Hochrechnung – der beitragspflichtigen Einnahmen zwischen Rentenantragstellung und Beschäftigungsende durch den Rentenversicherungsträger auf Grundlage der in den letzten 12 Kalendermonaten erzielten beitragspflichtigen Einnahmen.
Rz. 85
Nach § 70 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 194 Abs. 1 Satz 6 obliegt es daher den Rentenversicherungsträgern, die voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für längstens 3 Monate vor Beginn einer Altersrente zu berechnen. Grundlage hierfür sind die von den Arbeitgebern bzw. Leistungsträgern im Rahmen des bestehenden Meldeverfahrens übermittelten Daten (§ 194). Aus den so hochgerechneten Beträgen ergeben sich die bei der Altersrente zu berücksichtigenden Entgeltpunkte.
Rz. 86
Das bedeutet aber auch, dass für länger als 3 Monate vor Rentenantragstellung zurückliegende Zeiträume Entgeltpunkte nicht aus den hochgerechneten Arbeitsentgelten, sondern stets aus den tatsächlich erzielten und gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen zu ermitteln sind; argumente e contrario aus Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 194 Abs. 1 Satz 1 und 6.
Rz. 87
Der sachliche Anwendungsbereich des Abs. 4 Satz 1 muss jedoch eröffnet sein. Voraussetzung der Hochrechnung ist nämlich, dass der Rentenantragsteller tatsächlich die Sondermeldung i. S.d § 194 Abs. 1 Satz 1 verlangt, der Arbeitgeber hat diese "nur" auf Verlangen des Rentenantragstellers zu erstellen. § 70 Abs. 4 Satz 1 kommt daher schon nicht zur Anwendung, wenn der Antragsteller z. B. im Rentenantrag auf die Hochrechnung verzichtet hat (so auch die Praxis der DRV, vgl. GRA der DRV zu § 70 SGB VI, Stand: 1.2.2021, Anm. 9). Sofern der sachliche Anwendungsbereich daher (ausnahmsweise) nicht eröffnet ist, ergeben sich die Entgeltpunkte auch in den letzten 3 Kalendermonaten vor Rentenbeginn aus den nach der Rentenfeststellung gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen.