2.1 Kreis der Auskunftspflichtigen
Rz. 3
Verpflichtet sind Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe. § 100 ist im Zusammenhang mit § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) zu sehen. Hiernach sind dem Arzt, Zahnarzt, Tierarzt oder dem Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die Berufsausübung oder Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung benötigt, die unbedingte Offenbarung eines fremden Geheimnisses bei Strafe untersagt. Diese Personen benötigen daher eine gesetzliche Verpflichtung, um Auskünfte geben zu können. Die Auskunft kann nicht auf freiwilliger Basis erteilt werden, da dies die Verwirklichung strafrechtlicher Tatbestände zur Folge hätte. Eine nach § 100 auf Ersuchen des Leistungsträgers erteilte Auskunft ist daher ein Rechtfertigungsgrund, der die Strafbarkeit ausschließt.
Rz. 4
Von der Auskunftspflicht nach § 100 werden alle Berufsangehörigen erfasst, die aufgrund der Ausübung eines medizinischen Berufs kraft Gesetzes zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.
Angehörige der Heilberufe sind Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, Hebammen, Krankenschwestern, medizinisch-technische Assistenten, Logopäden, medizinische Bademeister, Physiotherapeuten (Krankengymnasten). Nicht erfasst werden von der Vorschrift Heilpraktiker, da diese keinen staatlichen Berufsausübungsregelungen unterliegen (Roos, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 100 Rz. 3; a. A. Sehnert, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: 4/2018, § 100 Rz. 5). Auch die Hilfsberufe wie Zahn- oder Orthopädietechniker zählen nicht zu den nach § 100 Auskunftspflichtigen.
Rz. 5
Die Erweiterung des Kreises der Auskunftspflichtigen auf Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen durch § 100 Abs. 1 Satz 3 ist auf eine missverständliche Gesetzesformulierung zurückzuführen. Die genannten Einrichtungen können weder einer Schweigepflicht unterliegen noch Auskünfte erteilen. Dies ist natürlichen Personen vorbehalten. Man wird daher die Regelung dahingehend lesen müssen, dass die in den genannten Einrichtungen tätigen Ärzte und Angehörigen medizinischer Heilberufe von der Auskunftspflicht betroffen sind. Nach Roos (in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 100 Rz. 11) sind nur die Personen zur Auskunft verpflichtet, welche die Krankenhäuser und Einrichtungen verantwortlich nach außen vertreten. Diese können aber beteiligte Ärzte und Angehörige von Heilberufen mit der Erteilung der Auskunft betrauen.
2.2 Aufgaben der Leistungsträger
Rz. 6
Leistungsträger sind alle in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden (vgl. § 12 SGB I).
Die Auskunft darf nur verlangt werden, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist. Aufgaben müssen sich aus dem Sozialgesetzbuch ergeben, nicht allein aus dem SGB X. Die Auskunft muss bezogen auf einen Einzelfall verlangt werden. Inwieweit das Auskunftsersuchen erforderlich ist, um den gesetzlichen Aufgaben nachzukommen, und in welchem Umfang die Auskunft verlangt wird, muss der die Auskunft verlangende Leistungsträger im Auskunftsverlangen erläutern.
2.3 Zulässigkeit der Auskunftserteilung
Rz. 7
Die Auskunft bzw. ihre Offenlegung bedarf der Zulässigkeit, die durch Gesetz geregelt sein muss. Entsprechende Bestimmungen ergeben sich etwa aus § 275 SGB V (Prüfungen durch den medizinischen Dienst) oder aus § 203 SGB VII (Auskunftspflicht von Ärzten). Wenn die entsprechenden gesetzlichen Auskunftsvoraussetzungen vorliegen, bedarf es keiner Einwilligung des Betroffenen.
Rz. 8
Liegen die vorbezeichneten Voraussetzungen nicht vor, ist eine Einwilligung des Betroffenen erforderlich. Diese bedarf der Schriftform (§ 100 Abs. 1 Satz 2). Dies erklärt sich bereits daraus, dass sich der auskunftspflichtige Angehörige eines medizinischen Heilberufs nach Erteilung der Auskunft entsprechend legitimieren muss. Soweit es um die Beantragung von Sozialleistungen geht, ist der Betroffene aus § 60 SGB I verpflichtet, die Einwilligung zur Weitergabe von Auskünften zu erteilen. Hierbei sind die Grenzen der Mitwirkung nach § 65 SGB I zu berücksichtigen.
2.4 Grenzen der Auskunftspflicht
Rz. 9
Die Angehörigen der medizinischen Heilberufe haben kein Recht, die Auskunft aus Gründen des § 65 SGB I zu verweigern. Dieses Recht steht nur den Antragstellern auf eine Sozialleistung zu. Ein Recht, die Auskunft im Rahmen des § 100 zu verweigern, haben auch die in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen tätigen Ärzte und Angehörige medizinischer Heilberufe nicht.
Allerdings steht den durch § 100 Verpflichteten ein Auskunftsverweigerungsrecht unter den Voraussetzungen des § 383 Abs. 1 bis 3 ZPO zu, wenn sie oder ihre Angehörigen durch eine Aussage der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ausgesetzt sein könnten (vgl. hierzu auch die Komm. zu § 98 Abs. 2 Satz 2).
Wird die Auskunft rechtswidrig verweigert, sieht das Gesetz keine Sanktionsmöglichkeiten vor. Sofern die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 vorliegen, kommt eine Vernehmung durch das zuständige Sozial- oder Verwaltungsgericht nach § 22 in Betracht. Der betroffene Leistungsträger kann einen entsprechenden (Vernehmungs-)Antrag s...