2.1 Gemeinsame Grundsätze
Rz. 6
Im Recht der Erstattungsansprüche gilt das Prinzip der zeitlichen Kongruenz. Ein Erstattungsanspruch besteht nur insoweit, als sich die Leistungen des erstattungsberechtigten und des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers zeitlich überlagern. Für Zeiträume, in denen der erstattungsberechtigte Träger Leistungen nicht erbracht hat, kommt eine Erstattung nicht in Betracht. Eine Ausnahme besteht lediglich hinsichtlich der Rente für den Todesmonat bei Erstattungsansprüchen des Sozialhilfeträgers.
Der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz erfordert eine kalendermonatlich getrennt vorzunehmende Gegenüberstellung beider Leistungen.
Rz. 7
Ein Erstattungsanspruch eines nachrangig verpflichteten Leistungsträgers gegenüber einem vorrangig verpflichteten Rentenversicherungsträger setzt grundsätzlich Personenidentität voraus. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist nur im Rahmen gesetzlicher Sondervorschriften möglich. Eine Durchbrechung des Grundsatzes der Personenidentität ist danach nur nach den Regelungen des § 114 SGB XII und des § 104 Abs. 2 SGB X möglich. Des Weiteren wird Personenidentität gemäß § 104 Abs. 1 Satz 4 nicht gefordert, wenn von den Trägern der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann.
Die Vorschrift gilt sowohl für die seit dem 1.1.2005 im SGB XII geregelte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 bis 46 SGB XII als auch entsprechend – aufgrund der Vergleichbarkeit mit Leistungen nach dem Sozialhilferecht – für die Erstattung von Leistungen nach dem SGB II an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Rz. 8
Der Erstattungsanspruch erstreckt sich grundsätzlich auf den Monatsbetrag der Rente nach Anwendung der Vorschriften über das Zusammentreffen von Renten und Einkommen (§§ 89 bis 97 SGB VI) einschließlich Kinderzuschüssen, Auffüllbeträgen und Rentenzuschlägen, gemindert um die Anteile des Rentenbeziehers am Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag. Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung sind als zweckgebundene Leistungen grundsätzlich nicht in den Erstattungsanspruch einzubeziehen. Leistungen für Kindererziehung nach §§ 294, 294a SGB VI unterliegen aufgrund der in § 299 SGB VI normierten Anrechnungsfreiheit ebenfalls nicht der Erstattung. Der Erstattungsanspruch nach § 104 erstreckt sich auch auf die Leistungsanteile aus der Höherversicherung.
Rz. 9
Bei der Zahlung mit befreiender Wirkung ist auf Folgendes hinzuweisen: Der vorrangige Leistungsträger ist nur dann zur Erstattung verpflichtet, wenn und soweit er nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.
"Kenntnis" i. S. dieser Vorschrift bedeutet positive Kenntnis im Einzelfall. Es ist daher erforderlich, dass im Zeitpunkt der Bescheiderteilung bzw. der Absendung der Rentennachzahlung eine Anmeldung eines Erstattungsanspruches vorliegt oder aus dem Akteninhalt, insbesondere den Angaben im Antragsvordruck, hervorgeht, dass der Berechtigte eine Sozialleistung bezieht, die einen Erstattungsanspruch begründen könnte. In Zweifelsfällen ist beim Antragsteller oder dem möglicherweise eine Leistung erbringenden Träger anzufragen, ob Leistungen bezogen werden und ein Erstattungsanspruch angemeldet wird. Das bloße "Kennen-Müssen" oder "Für-möglich-Halten" reicht nicht aus (vgl. hierzu auch BSG, Urteil v. 29.3.1994, 13 RJ 65/92, SozVers 1995 S. 52).
Ergibt sich anlässlich einer Neufeststellung oder eines rückwirkenden Wechsels in der Leistungsart eine weitere Nachzahlung für den Zeitraum, in dem bereits aufgrund der erstmaligen Rentenfeststellung ein Erstattungsanspruch erfüllt wurde, sind die erstattungsberechtigten Träger zur erneuten Bezifferung ihres Erstattungsanspruchs aufzufordern.
Erhöht sich der Erstattungsanspruch, sind Differenzbeträge nachzuerstatten.
Rz. 10
Wird ein Erstattungsanspruch nach § 104 trotz Kenntnisnahme von der Leistungserbringung des anderen Trägers nicht beachtet, hat dies zur Folge, dass die Rentennachzahlung nicht mit befreiender Wirkung gegenüber dem erstattungsberechtigten Leistungsträger abgerechnet wurde. Der Erstattungsanspruch ist dann noch nachträglich zu erfüllen. Ob die dadurch entstandene Überzahlung wieder ausgeglichen werden kann, richtet sich im Verhältnis zum Leistungsberechtigten nach § 50 und im Verhältnis zu anderen Leistungsträgern nach § 112.
Nach § 107 wird kraft Gesetzes fingiert, dass durch die Leistung des erstattungsberechtigten Trägers die Verpflichtung des letztlich zuständigen Leistungsträgers als erfüllt gilt. Der Berechtigte kann insoweit diesen Leistungsträger nicht mehr in Anspruch nehmen.
Rz. 11
Ein Erstattungsanspruch ist nach § 110 Satz 2 nicht zu erfüllen, wenn er weniger als 50,00 EUR beträgt. Es erfolgt jedoch keine Auszahlung an den Berechtigten. Der geringfügige Erstattungsbetrag verbleibt dem erstattungspflichtigen Leistungsträger.
Rz. 12
Erstattungsansprüche sind spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Ta...