Rz. 28
In bewusster Umkehrung der Vorschrift des § 139 BGB ist bei einem nur teilweise nichtigen VA dieser insgesamt nur dann nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den VA insgesamt nicht erlassen hätte. Dies soll nach der Begründung (BT-Drs. 7/910 S. 65) darin seine Rechtfertigung haben, dass der Bestand des nicht nichtigen Teils erhalten bleiben soll. Der Rechtsgedanke des Abs. 4 ist entsprechend auf Bescheide anzuwenden, die nur rechtswidrig, aber noch nicht nichtig sind (BSG, Urteil v. 13.11.1985, 6 RKa 15/84 = BSGE 59 S. 137).
Rz. 29
Die Teilnichtigkeit eines VA setzt voraus, dass der VA teilbar ist, was nur hinsichtlich der inhaltlichen materiellen Regelungen in Betracht kommt, während Verfahrensfehler dem gesamten VA untrennbar anhaften. So führt die fehlende Erkennbarkeit der erlassenden Behörde zur Nichtigkeit des gesamten VA, ohne dass eine Teilnichtigkeit in Betracht käme. Werden mehrere Regelungen in einem Bescheid zusammengefasst (z. B. der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid nach § 50 Abs. 3), liegen schon mehrere VA vor, so dass es des Rückgriffs auf die Teilnichtigkeit nicht bedarf, wenn nur einer von mehreren VA nichtig ist. Für die Frage der Teilbarkeit kommt es auf den VA selbst an, nicht auf die darin bewilligte (Geld-)Leistung oder die geltend gemachte Beitrags- oder Rückforderung.
Rz. 30
Für die Beurteilung der Wesentlichkeit des nichtigen Teils des VA für den anderen Teil kommt es nicht auf den subjektiven Willen der Handelnden oder Beteiligten an, sondern auf die Grundsätze einer ordnungs- und rechtmäßig handelnden Behörde. Es ist dabei auf den mutmaßlichen Willen der Behörde abzustellen, der anhand objektiver Gesichtspunkte, die sich an Sinn und Zweck des VA orientieren, zu ermitteln ist. Besteht auf einen Teil des VA ein Rechtsanspruch oder entspricht er einer Rechtspflicht der Behörde infolge gebundener Verwaltung, bleibt dieser Teil des VA wirksam.
Rz. 31
Ein in dem Sinn teilbarer VA, dass eine Regelung ohne die andere nicht getroffen worden wäre, kann daher wohl nur in den Fällen vorliegen, in denen – ausgehend von einer Grundentscheidung – daraus folgende Rechtsfolgen geregelt werden, z. B. aufgrund der Feststellung einer Krankenversicherungspflicht die Rechtsfolge der Mitgliedschaft und Leistungsansprüche sowie Beitragspflichten. Dementsprechend ist ein VA auch bei Teilnichtigkeit immer insgesamt nichtig, wenn die einzelnen Regelungen rechtlich so miteinander verbunden sind, dass die eine nicht ohne die andere hätte erlassen werden können oder dürfen.