Rz. 2
Die Vorschrift entspricht § 56 VwVfG. Sie gilt nur für subordinationsrechtliche Verträge, wie sich aus dem Verweis auf § 53 Abs. 1 Satz 2 ergibt (a. A. Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 55 Rz. 7, der bei koordinationsrechtlichen Verträgen lediglich eine Bindungswirkung an § 55 verneint). § 55 nennt neben § 53 Abs. 1 weitere Voraussetzungen für zulässige Austauschverträge. Damit soll in erster Linie der Bürger geschützt werden, da im Regelfall die Behörde die stärkere Verhandlungsposition hat. Weiter wird auch der Ausverkauf von Hoheitsrechten quasi ausgeschlossen. Die Normierung der Zulässigkeit von Austauschverträgen war erforderlich, um auch in atypischen Fällen ein vom Gesetzgeber verfolgtes Ziel zu erreichen, wenn es sich über den üblichen Aufgabenvollzug durch Verwaltungsakt nicht erreichen lässt (BT-Drs. 7/910 S. 80). Auf koordinationsrechtliche Verträge ist die Norm aufgrund der völlig unterschiedlichen Ausgangspositionen auch nicht entsprechend anwendbar.
Ein Austauschvertrag kann sowohl über gesetzesgebundene Sozialleistungen (Rechtsanspruchsleistungen) als auch Ermessensleistungen geschlossen werden. Die Bedeutung der Norm für das Sozialrecht ist jedoch gering, denn im Sozialrecht (auch bei Ermessensleistungen) ist die Leistung bei der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen (und Ausübung des Ermessens) ohne Gegenleistung zu erbringen. Es kann nur eine Gegenleistung vereinbart werden, die beim Erlass eines Verwaltungsakts Gegenstand einer Nebenbestimmung (§ 32 Abs. 1) sein könnte. Eine Anwendung könnte im Bereich der Arbeitsförderung (z. B. bei der Förderung von Einrichtungen im Bereich der beruflichen Fortbildung und Umschulung, der Behindertenförderung und den Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung) in Betracht kommen, jedoch handelt es sich dabei um sozialrechtliche Leistungen, für die das Gesetz zum Teil selbst die zulässigen Auflagen und Bedingungen festgelegt hat, in deren Rahmen sich eine vertragliche Gegenleistung i. S. v. § 55 Abs. 1 zu halten hat. Bei den Eingliederungsvereinbarungen gemäß § 15 SGB II handelt es sich um "hinkende" Austauschverträge mit der Folge, dass gemäß Abs. 3 § 53 Abs. 2 nicht gilt (BSG, Urteil v. 23.6.2016, B 14 AS 30/15 R,Berlit, Sozialrecht aktuell 2006 S. 41). Die Eingliederungsvereinbarung nach § 37 Abs. 2 SGB III ist nicht anders zu bewerten und nach ihrer Rechtsqualität ein öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags (BSG, Urteil v. 4.4.2017, B 11 AL 5/16 R).