2.1.1 Ergänzung zu Art. 4 DSGVO (Abs. 1)
Rz. 4
Abs. 1 weist zur Klarstellung darauf hin, dass zunächst Art. 4 DSGVO mit seinen Begriffsbestimmungen unmittelbar gilt; ergänzend gelten die in Abs. 2 bis 5 des § 67 SGB X enthaltenen Definitionen als bereichsspezifische Regelungen, die "gestützt auf Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 und Absatz 3 und Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 erhalten bleiben" (BT-Drs. 18/12611).
2.1.2 Sozialdaten (Abs. 2)
Rz. 5
An der zum 1.7.1994 eingeführten Definition des Begriffes "Sozialdaten" (2. SGBÄndG v. 13.6.1994, BGBl. I S. 1229) hat sich auch durch die Anpassung an die DSGVO inhaltlich nichts geändert. Es erfolgte lediglich die Anpassung an die Begriffsbestimmungen nach Art. 4 DSGVO (BT-Drs. 18/12611). Abs. 2 regelt daher seit 25.5.2018 die Verarbeitung von Sozialdaten; die frühere Aufzählung Erhebung, Verarbeitung und Nutzung konnte entfallen, da nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO die Verarbeitung seitdem alle Phasen (Vorgänge) des Umganges mit personenbezogenen Daten umfasst (vgl. Rz. 16 ff.).
Rz. 6
Satz 1 definierte bis 24.5.2018 Sozialdaten als "Einzelangaben" eines Betroffenen, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle für ihre Aufgabenerfüllung nach dem SGB erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.
Seit 25.5.2018 lautet die Definition: "Sozialdaten sind personenbezogene Daten (Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden".
Rz. 7
Unverändert geblieben ist, dass ein Datum erst zum Sozialdatum wird, wenn es zwei Voraussetzungen erfüllt; es muss personenbezogen sein (Personenbezug) und von einem Sozialleistungsträger für seine Aufgabenerfüllung nach dem SGB verwendet werden (Sachbezug). Zur Aufgabenerfüllung vgl. Rz. 9.
Seit 25.5.2018 benötigt die Definition von "Sozialdaten" zwei Vorschriften. Zunächst klärt Art. 4 Nr. 1 DSGVO, was unter personenbezogene Daten zu verstehen ist, dann ergänzt § 67 Abs. 2 Satz 1 dies um den Bezug auf die Aufgabenerledigung eines Sozialleistungsträgers.
Rz. 8
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen den Sozialdaten nach Satz 1 gleich, wenn sie Geheimnischarakter haben. Satz 2 definiert sie als "alle betriebs- und geschäftsbezogenen Daten", auch von juristischen Personen, die Geheimnischarakter haben.
Der Geheimnischarakter ist dann gegeben, wenn Einzelangaben über wirtschaftliche, betriebliche oder geschäftliche Verhältnisse vom Betriebsinhaber üblicherweise selbst vertraulich behandelt werden. Es muss ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung bestehen. Dies ist beispielsweise nicht der Fall bei offenkundigen Tatsachen.
2.1.3 Aufgaben nach dem SGB (Abs. 3)
Rz. 9
Abs. 3 stellt klar, welche Aufgaben der Sozialleistungsträger neben den originären Aufgaben, die sich aus dem Sozialgesetzbuch direkt ergeben, auch als Aufgaben nach dem SGB anzusehen sind und damit unter die Regelungen des Zweiten Kapitels des SGB X fallen. Der Begriff der sozialen Sicherheit ist danach umfassend zu verstehen.
Abs. 3 hat somit wesentliche Bedeutung für die Einordnung von personenbezogenen Daten als Sozialdaten i. S. v. Abs. 2 und damit für die Frage, ob diese Daten vom Sozialgeheimnis umfasst werden.
Den Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch werden gleichgestellt
- Aufgaben aufgrund von Verordnungen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Sozialgesetzbuch befindet,
- Aufgaben aufgrund von über- und zwischenstaatlichem Recht im Bereich der sozialen Sicherheit,
- Aufgaben aufgrund von Rechtsvorschriften, die das Erste und Zehnte Buch des Sozialgesetzbuches für entsprechend anwendbar erklären, und
- Aufgaben aufgrund des Arbeitssicherheitsgesetzes und Aufgaben, soweit sie den in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen durch Gesetz zugewiesen sind. § 8 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitssicherheitsgesetzes bleibt unberührt.
§ 67 Abs. 3 stellt die vorstehend aufgezählten Aufgaben den Aufgaben nach dem SGB gleich, "soweit dieses Kapitel angewandt wird", also das 2. Kapitel des SGB X, das die Ausnahmen von der Wahrung des Sozialgeheimnisses regelt. Die Zulässigkeit dieser Ausnahmen ergibt sich aus § 35 Abs. 2 SGB I, der eine Verarbeitung von Sozialdaten nach den "Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches" regelt, soweit nicht die DSGVO unmittelbar gilt.
Diese Erweiterung in § 35 Abs. 2 SGB I um die übrigen Bücher des SGB zum 25.5.2018 durch Art. 19 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2541) wurde in § 67 Abs. 3 SGB X durch Art. 24 desselben Gesetzes nicht übernommen. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich hierzu kein Anhaltspunkt, dass tatsächlich eine "datenschutzrechtliche Ungleichbehandlung" der weiteren (gleichgestellten) Aufgaben nach § 67 Abs. 3 gegenüber den Aufgaben nach dem SGB beabsichtigt war. Insoweit wird von einer unbeabsichtigt nicht erfolgten Anpassung von § 67 Abs. 3 ausgegangen mit dem Ergebnis, dass für alle Sozialdaten die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB I gelten, unabhängig davon, o...