Rz. 48
In der wissenschaftlichen Forschung kann der Zweck der Verarbeitung zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten oftmals nicht vollständig angegeben werden; Forschungsfragen werden teilweise in einer offenen Vorgehensweise erst sukzessive entwickelt. Daher sollte es laut EG 33 DSGVO "betroffenen Personen erlaubt sein, ihre Einwilligung für bestimmte Bereiche wissenschaftlicher Forschung zu geben, wenn dies unter Einhaltung der anerkannten ethischen Standards der wissenschaftlichen Forschung geschieht. Die betroffenen Personen sollten Gelegenheit erhalten, ihre Einwilligung nur für bestimmte Forschungsbereiche oder Teile von Forschungsprojekten in dem vom verfolgten Zweck zugelassenen Maße zu erteilen".
Diese Forderung hat der deutsche Gesetzgeber mit § 67b Abs. 3 für die Forschung mit Sozialdaten umgesetzt (BT-Drs. 18/12611). Danach kann die Einwilligung zu Forschungszwecken für ein bestimmtes Forschungsvorhaben oder für bestimmte Bereiche der wissenschaftlichen Forschung erteilt werden.
Um dem Grundsatz der informierten Einwilligung Rechnung zu tragen, sollte der in der Einwilligung zu nennende Bereich der Forschung nicht zu allgemein gefasst und thematisch möglichst eingegrenzt werden. Die Teilnehmer wissenschaftlicher Studien sollten zudem über das Vorgehen informiert und darauf hingewiesen werden, dass sich die Forschungsfragen in einem abgegrenzten thematischen Feld bewegen, jedoch schrittweise konkretisiert werden (BT-Drs. 18/12611).
Rz. 49
Abs. 3 lässt also hinsichtlich der Angabe des konkreten Zweckes der Verarbeitung der Sozialdaten eine Ausnahme zu; ansonsten gelten für die Erteilung der Einwilligung im Bereich der wissenschaftlichen Forschung die Grundsätze nach Abs. 2.
Im Bereich der wissenschaftlichen Forschung liegt ein besonderer Umstand i. S. d. § 67b Abs. 2 Satz 2 auch dann vor, wenn durch die Einholung einer schriftlichen oder elektronischen Einwilligung der Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde. In diesem Fall sind die Gründe, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung des Forschungszweckes ergibt, schriftlich festzuhalten.
Die Regelungen in § 67b Abs. 3 Satz 2 und 3 stellen eine Folgeänderung aufgrund des neuen Satzes 2 in Abs. 2 dar, der für die Einwilligung zur Verarbeitung von genetischen, biometrischen oder Gesundheitsdaten oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen eine schriftliche oder elektronische Erklärung vorsieht, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Sie stützen sich auf Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/679.
Nach Satz 2 des Abs. 3 kann im Bereich der wissenschaftlichen Forschung ein besonderer Umstand i. S. d. Abs. 2 Satz 2 auch dann vorliegen, wenn durch das dort vorgeschriebene Formerfordernis der bestimmte Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde. In diesem Fall entfällt das Formerfordernis und die Einwilligung kann formlos eingeholt werden. In solchen Ausnahmefällen sind nach Satz 3 die Gründe, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung des Forschungszweckes ergibt, schriftlich festzuhalten. Die sich aus der Verordnung (EU) 2016/679 ergebenden Nachweispflichten des Verantwortlichen bleiben unberührt (BR-Drs. 430/18).