Rz. 13
Abs. 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass sich eine Reihe wichtiger sozialrechtlicher Regelungen nicht im Sozialgesetzbuch befindet. Es werden daher die Stellen, die für die Bearbeitung solcher Regelungen zuständig sind, den Stellen nach § 35 SGB I gleichgestellt, d. h., für die Erfüllung gesetzlicher oder sich aus einem Tarifvertrag ergebenden Aufgaben sind sie wie Stellen nach § 35 SGB I zu behandeln, ohne jedoch selbst Sozialleistungsträger zu werden.
2.2.1 Übermittlung an gleichgestellte Leistungsträger (Abs. 2 Nr. 1)
Rz. 14
Abs. 2 Nr. 1 betrifft vor allem Fälle, in denen Sozialleistungen auf anderen Gesetzen als dem SGB beruhen. Die zuständigen Stellen werden im Hinblick auf eine zulässige Datenübermittlung den Stellen nach § 35 SGB I gleichgestellt (sog. Quasi-Leistungsträger), soweit sie die Daten zur Erfüllung einer gesetzlich oder tarifvertraglich geregelten Aufgabe benötigen.
Rz. 15
Die Aufzählung in Abs. 2 Nr. 1 ist abschließend.
Quasi-Leistungsträger sind danach die Stellen, die Leistungen erbringen nach
- dem Lastenausgleichsgesetz (LAG),
- dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG); dies sind gemäß §§ 184, 185 BEG die Entschädigungsbehörden der Länder und gemäß § 187 BEG die obersten Entschädigungsbehörden der Länder,
- dem Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG); dies sind gemäß § 25 StrRehaG die Landesjustizverwaltungen, in deren Geschäftsbereichen die Rehabilitierungsentscheidungen ergangen sind oder weitere durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen bestimmte Stellen,
- dem Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligung für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (BerRehaG); konkret ergeben sich die Leistungen aus dem Zweiten und Dritten Abschnitt (§§ 6 bis 9 BerRehaG) und werden gemäß § 24 BerRehaG durch die Bundesagentur für Arbeit und die örtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 2, §§ 98 und 99 Abs. 1 SGB XII) erbracht,
- dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG); die Entschädigungspflicht obliegt in diesen Fällen gemäß § 1 StrEG der Staatskasse, der Anspruch ist gemäß § 10 StrEG gegenüber der Staatsanwaltschaft geltend zu machen, welche die Ermittlungen geführt hat,
- dem Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (Unterhaltssicherungsgesetz – USG),
- dem Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG); dies sind nach § 49 Abs. 1 BeamtVG die oberste Dienstbehörde und von ihr beauftragte andere Stellen,
- dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG); hierfür ist nach § 46 SVG das Bundesministerium der Verteidigung zuständig oder andere Behörden, die von ihm per Rechtsverordnung beauftragt wurden,
- dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG); eine Auflistung der zuständigen Sonder- und Zusatzversorgungssysteme enthalten gemäß § 1 Abs. 2 und 3 AAÜG die Anlagen 1 und 2 des AAÜG,
- den Vorschriften der Länder über die Gewährung von Blinden- und Pflegegeldleistungen; für das Blindengeld sind entweder die Versorgungsämter der Länder (Landesblindengeld) oder die Sozialämter (Bundesblindengeld) zuständig. Pflegegeldleistungen werden von den Pflegekassen (§ 1 SGB XI) gezahlt.
Diesen Stellen dürfen für die aufgezählten Zwecke Sozialdaten zulässig übermittelt werden, soweit diese für die Aufgabenerfüllung erforderlich sind.
2.2.2 Weitere gleichgestellte Stellen(Abs. 2 Nr. 2)
Rz. 16
Abs. 2 Nr. 2 regelt vor allem Fälle, in denen Versorgungswerke, die Aufgaben aus einem Tarifvertrag erfüllen, für ihren Beitragseinzug auf die Hilfe der in § 35 SGB I genannten Stellen angewiesen sind (vgl. BT-Drs. 8/4022 S. 85). Nach dem Gesetzeswortlaut ist zu beachten, dass
- nur gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien,
- die Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes und
- die öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungseinrichtungen
gleichgestellt sind.
2.2.3 Bezügestellen des öffentlichen Dienstes (Abs. 2 Nr. 3)
Rz. 17
Nach Abs. 2 Nr. 3 stehen auch die Bezügestellen des öffentlichen Dienstes einem Sozialleistungsträger gleich, sofern sie kindergeldabhängige Leistungen festzusetzen haben, die sich aus dem Besoldungs-, Versorgungs- oder Tarifrecht ergeben.
Im öffentlichen Dienst wurde das Kindergeld vor der Familienkassenreform durch den öffentlichen Arbeitgeber bzw. die Familienkassen des öffentlichen Dienstes gezahlt und nicht durch die Agenturen für Arbeit. Die Kindergelddaten sind jedoch stets Sozialdaten, also keine Arbeitgeberdaten. Bezogen auf die Funktion ist daher eine Gleichstellung mit einer Stelle gemäß § 35 SGB I richtig (zu den Neuregelungen der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes vgl. Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes v. 8.12.2016, BGBl. I S. 2835).