2.1 Anwendungsbereich
Rz. 3
§ 8 setzt zunächst die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit einer Behörde (vgl. Komm. zu § 1) voraus. Außerdem muss diese Tätigkeit nach außen wirken, d. h. Bestandteil des Verwaltungsverfahrens ist nur die Tätigkeit der Verwaltungsbehörde nach außen, insbesondere im Verhältnis zu den Bürgern, nicht aber schon die Tätigkeit allein im Zusammenhang mit der inneren Willensbildung der Behörde. Dabei muss die Verwaltungstätigkeit nur – im tatsächlichen Sinne – nach außen wirken, sie muss also nicht schon notwendig eine Regelung enthalten oder eine rechtlich geschützte Position eines Verfahrensbeteiligten oder sonstiger Personen unmittelbar berühren. Eine Außenwirkung in diesem Sinne ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn im inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren eine Tätigkeit der Behörde erfolgt, die unmittelbar aus dem Bereich der Verwaltung heraus in die Sphäre des Bürgers hineinwirkt (BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 R 19/09 R, SozR 4-2600 § 198 Nr. 1). Außenwirkung haben die konkrete Ermittlungstätigkeit im Einzelfall zur Vorbereitung einer Leistungsgewährung oder eines Leistungsentzugs (BSG, Urteil v. 27.7.2011, a. a. O.), wie z. B. Anfragen bei den behandelnden Ärzten, Anordnung der Untersuchung durch einen freipraktizierenden Arzt oder auch die Durchführung einer Anhörung.
Verwaltungsinterne Vorgänge fallen mangels Außenwirkung nicht unter § 8. Hierzu gehören innerbehördlicher Maßnahmen, wie z. B. die behördeninterne Vorprüfung, ob ein Verfahren durchgeführt werden soll oder muss, Entwürfe zur Einleitung eines Verfahrens, Entscheidungsvorlagen an Vorgesetzte bzw. interne Besprechungen. Die in den §§ 29, 30 enthaltenen Regelungen über Beglaubigungen stehen nur in einem losen Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren und sind lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen in das SGB übernommen worden.
Rz. 3a
Bei der Vielzahl öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit beschränkt § 8 die Anwendung des Gesetzes auf diejenigen Tätigkeiten, die durch eine Behörde i. S. d. § 1 Abs. 2 mit dem Ziel vorgenommen werden, einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. § 31) oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen. Dabei ist nicht entscheidend, ob das Verfahrensziel auch erreicht wird, maßgeblich ist allein die Zielrichtung. Die "Prüfung der Voraussetzungen" umfasst sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Ermittlungen, die erforderlich sind, um einen Verwaltungsakt zu erlassen oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen. Der Sachverhalt ist dabei auf der Grundlage der §§ 20 bis 25 zu ermitteln. In Folge der genannten Zielrichtung sind wesentliche Teile der öffentlich-rechtlichen Verwaltung (z. B. Satzungsrecht, Verordnungen, allgemeine Verwaltungsvorschriften) ausgeklammert, ebenso der gesamte fiskalische Bereich. Zum Verwaltungsverfahren gehört auch das Vorverfahren nach §§ 77 ff. SGG als wesentlicher Teil der Selbstkontrolle der Verwaltung, ebenso die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und das Wiederaufgreifen des Verfahrens, die Rücknahme und der Widerruf eines Verwaltungsakts, das Zustellungsverfahren sowie das aufsichtsrechtliche Verfahren. Für Letzteres ist dies in der Gesetzesbegründung zu § 8 ausdrücklich klargestellt (BT-Drs. 8/2034 S. 31). Für die übrigen zuvor genannten Verwaltungsverfahren sind die Vorschriften der §§ 9 ff. anzuwenden, soweit nicht spezielle Regelungen vorgehen.
Rz. 3b
Ob ein von der Behördenleitung eines Jobcenter aus Anlass eines Verwaltungsverfahrens ausgesprochenes Hausverbot gegenüber einem Leistungsempfänger noch in einem rechtlich relevanten engen Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren steht, ist in der Rechtsprechung umstritten. Das BSG geht davon aus, dass der Zusammenhang zwischen einem Hausverbot und den vom Träger der Grundsicherung wahrzunehmenden Sachaufgaben in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgesprochen eng ist und deshalb bei einem Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (BSG, Beschluss v. 1.4.2009, B 14 SF 1/08 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6). Demgegenüber geht die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Denn das erteilte Hausverbot berühre nicht die eigentliche Verwaltungstätigkeit, sondern es gehe vielmehr – aus der Sicht der Behörde – um Störungsabwehr und – aus der Sicht des Betroffenen – um die Überprüfung des Vorwurfs, die Durchführung von Verwaltungsaufgaben zu stören (OVG Bremen, Beschluss v. 25.3.2013,1 B 33/13; OVG Hamburg, Beschluss v. 17.10.2013, 3 So 119/13; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.5.2011, 16 E 174/11). Zuletzt hat das BSG bekräftigt, dass jedenfalls dann der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist, wenn ein Rechtsverhältnis zwischen der das Hausverbot aussprechenden Behörde und dem jeweiligen Adressaten besteht und für Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis der Soz...