2.1.1 Leistungsträger
Rz. 6
Leistungsträger sind die in § 12 SGB I bezeichneten Behörden und Körperschaften. Maßgeblich ist die Berechtigung, durch Erlass eines Verwaltungsaktes Leistungen festzustellen und zu gewähren. In diesem Zusammenhang sind auch entsprechend berechtigte Arbeitsgemeinschaften (vgl. § 94) Leistungsträger.
2.1.2 Nachzahlung
Rz. 7
Der Begriff der Nachzahlung hat keine gesetzliche Definition erfahren. Nachzahlungen beziehen sich zunächst auf die nachträgliche Erbringung laufender Geldleistungen, die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden. Die Nachzahlung kann hierbei als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeiträume geleistet werden. Eine Nachzahlung ergibt sich immer dann, wenn
- eine laufende Geldleistung in zu geringer Höhe festgestellt wurde und eine Neuberechnung der Leistung auch für zurückliegende Zeiträume vorgenommen werden muss oder
- ein Bescheid über eine (laufende) Geldleistung nicht rechtzeitig erstellt wurde oder werden konnte und nach der ersten Fälligkeit (bei laufenden Leistungen) bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids die Zahlung der Geldleistung für zurückliegende Zeiträume erbracht werden muss.
Rz. 8
Nachzahlungen können aber auch (so Wiesner, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 87 Rz. 5) auf einmalige Leistungen, wie Abfindungen und Beitragserstattungen, ergehen. Nach Eichenhofer (in: Wannagat, SGB X, Stand: März 2001, § 87 Rz. 11) ist lediglich eine analoge Anwendung des § 87 zulässig, wenn die Nachzahlung (insbesondere bei Rentenabfindungen) aufgrund gesetzlicher Rechtsfolgen an die Stelle der laufenden Leistung tritt. Dies ist namentlich in Fällen von § 76 Abs. 2 und §§ 78 bis 80 SGB VII der Fall. Soweit der Anspruch auf eine Zahlung nicht der laufenden Gewährung von Leistungen dient, wird die analoge Anwendbarkeit der Vorschrift verneint.
Rz. 9
Da einmalige Leistungen regelmäßig der Aufrechnung und Verrechnung unterliegen und der Fall, dass eine zu erstattende Leistung nicht rechtzeitig beziffert werden kann, nicht allzu häufig eintreten dürfte, ergibt sich nur ein sehr geringer Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1, der es für den betroffenen Leistungsempfänger hinnehmbar macht, weiterhin der Aufrechnung nach § 52 SGB I zu unterliegen und nicht eine zügige Auszahlung seines Anspruchs i. S. d. § 87 beanspruchen zu dürfen.
2.1.3 Verrechnungsersuchen
Rz. 10
Eine Verrechnung stellt den zur Leistung verpflichteten Träger in Höhe des zu verrechnenden Betrages von seiner Leistungspflicht gegenüber dem berechtigten Versicherten frei, indem er den entsprechenden Betrag an den um Verrechnung ersuchenden Träger überweist. Dies hat innerhalb der Grenzen des § 51 SGB I zu erfolgen. Bei laufenden Leistungen darf eine Verrechnung nur zur Hälfte der auszukehrenden Leistung erfolgen und nur, soweit die Leistung pfändbar ist und der Empfänger durch die Verrechnung nicht hilfebedürftig i. S. d. SGB II oder des SGB XII wird.
Fraglich ist, ob der ersuchte Träger verpflichtet ist, das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Versicherten geltend zu machen. Aus dem Gesetzestext (spätestens) wird gefolgert, dass der ersuchte Träger nicht verpflichtet ist, den gesamten 2-Monats-Zeitraum zuzuwarten. Hier ist auf die Rechtsnatur des § 87 abzustellen. Für den Fall, dass der um Verrechnung ersuchende Träger die Höhe seines Anspruchs nicht beziffern kann, besteht grundsätzlich keine Verrechnungslage. Vielmehr muss der ersuchende Träger die mögliche Verrechnungslage schlüssig darlegen. Kann dies entsprechend nachgewiesen werden, ist der ersuchte Träger unter Berücksichtigung der Grundsätze aus § 86, weil er weiß, dass seine Leistung mit den Ansprüchen des ersuchenden Trägers kollidieren kann, für die Dauer von 2 Monaten verpflichtet, die Leistung zurückzuhalten. Kann der ersuchende Träger vor Ablauf der vorbezeichneten Frist seinen Anspruch beziffern, besteht das Zurückbehaltungsrecht danach nicht mehr. Kann der ersuchende Träger innerhalb der Frist aber seinen Anspruch nicht beziffern, muss der ersuchte Träger nach Fristablauf die Auszahlung an den Versicherten vornehmen, ohne weitere Ansprüche des ersuchenden Trägers fürchten zu müssen. Bei allen möglichen Fallgestaltungen ist es für die Ausführung des § 87 unerheblich, aus welchem Grund der ersuchende Träger die Höhe seines Anspruchs nicht beziffern kann.
Rz. 11
Der ersuchende Träger muss seinen Anspruch gegenüber dem Versicherten geltend machen. Er kann auch nach Entstehen einer Verrechnungslage (nach Bezifferbarkeit des Anspruchs) eine Verrechnung aus einer weiterhin zu zahlenden laufenden Leistung innerhalb der Grenzen des § 51 SGB I vornehmen lassen.
2.1.3.1 Beginn der 2-Monats-Frist
Rz. 12
Die 2-Monats-Frist beginnt mit dem Datum des Nachzahlungsbescheids, wenn das Ersuchen bereits vor Erlass des Bescheids eingegangen ist, ansonsten mit dem Eingang des Ersuchens. Grundsätzlich beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung vom Ersuchen. Die Frist kann auch bei einer telefonischen Unterrichtung durch den ersuchenden Träger in Lauf gesetzt werden. Spätestens am Tag nach Ende der 2-Monats-Frist mu...