2.2.1 Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Überblick
Rz. 21
Die Übergangsleistungen nach Abs. 2 sollen einen weiteren Anreiz bieten, die gefährdende Tätigkeit einzustellen. Sie sind keine Entschädigungsleistungen, sondern sie haben rein präventiven Charakter. Dem Versicherten wird durch das Unterlassen kein Schaden zugefügt (BSG, Urteil v. 22.8.1975, 5 RKnU 5/74; Urteil v. 4.7.1995, 2 RU 1/94; Urteil v. 4.12.2001, B 2 U 6/01 R; Urteil v. 12.1.2010, B 2 U 33/08 R). In der neueren Rechtsprechung hat das BSG (Urteil v. 4.12.2001, B 2 U 6/01 R) die Übergangsleistungen als einen echten Schadensersatzanspruch bezeichnet, der aber nicht auf den Ersatz des dem Versicherten danach verbleibenden vollen Schadens i. S. d. sog. Naturalrestitution (§§ 249 Satz 1, 252 BGB) geht. Dem steht nämlich die Anspruchsbegrenzung nach Abs. 2 Nr. 1 und 2 entgegen. Aufgrund des Charakters der Übergangsleistungen als präventive zukunftsgerichtete Hilfe kann diese nach Ablauf des 5-Jahres-Zeitraums nicht mehr rückwirkend erbracht werden. Erhält der Unfallversicherungsträger erst nach Ablauf dieses Zeitraumes Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen, so können die Leistungen nicht nach Ablauf des Zeitraumes rückwirkend bewilligt werden (BSG, Urteil v. 22.3.2011, B 2 U 12/10 R). Etwas anderes muss freilich dann geltend, wenn der Unfallversicherungsträger während des 5-Jahres-Zeitraumes Kenntnis erlangt, aber untätig bleibt, oder die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Rz. 22
Neben den Versicherungsfällen nach § 7 SGB VII (Arbeitsunfall und Berufskrankheit) ist in § 3 ein gesonderter "kleiner" Versicherungsfall normiert (BSG, Urteil v. 7.9.2001, B 2 U 1/03 R, SGb 2005 S. 460 mit Anm. von Koch; Urteil v. 12.1.2010, B 2 U 33/08 R). Als Voraussetzungen müssen daher neben dem Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Einwirkung (Exposition) folgende Voraussetzungen vorliegen:
Rz. 23
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, hat der Versicherte Anspruch auf Übergangsleistungen. Bei der Entscheidung über das Ob ist dem Unfallversicherungsträger kein Ermessen eingeräumt. Der Verordnungsgeber hat in Abs. 2 den Rahmen vorgegeben hinsichtlich der Höhe und der Dauer der Leistungsgewährung: danach wird maximal ein einmaliger Betrag in Höhe der Vollrente (Abs. 2 Nr. 1) oder eine monatliche Rente maximal in Höhe eines Zwölftels der Vollrente und maximal für die Dauer von 5 Jahren (Abs. 2 Nr. 2) gewährt. Innerhalb dieses Rahmens entscheidet der Unfallversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen über Art, Dauer und Höhe der Leistung.
2.2.2 Kausalzusammenhang zwischen Gefahr und Unterlassen
Rz. 24
Der Versicherte muss die gefährdende Tätigkeit aufgegeben haben. Dabei ist ohne Belang, ob dies auf Verlangen des Unfallversicherungsträgers geschah oder ohne sein Zutun. Es muss jedoch ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen dem Unterlassen bzw. der Aufgabe des Arbeitsplatzes einerseits und der fortbestehenden Gefahr feststellbar sein. Demnach fehlt es an der Kausalität und damit an den Voraussetzungen für Leistungen nach § 3 Abs. 2, wenn der Versicherte aus betrieblichen Gründen oder wegen von der Gefährdung unabhängigen Erwerbsminderung oder eines sonst wie schlechten Gesundheitszustandes die Tätigkeit aufgegeben hat.
Rz. 25
Allerdings kann auch bei einer solchen Fallgestaltung das fortdauernde Unterlassen der Tätigkeit im Kausalzusammenhang mit der fortdauernden Gefahr stehen, wenn
- z. B. der Versicherte die Tätigkeitsaufnahme bei einem anderen Unternehmen der gleichen Sparte oder
- die Wiederaufnahme der Tätigkeit nach dem Abklingen akuter Krankheitssymptome unterlässt.
Das BSG (Urteil v. 20.2.2001, B 2 U 10/00 R) hat klargestellt, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses allein aus betrieblichen Gründen für sich genommen das Kausalitätserfordernis des § 3 Abs. 2 BKVO zwischen Gefahr und Einstellung der Tätigkeit nicht erfüllt, auch wenn bei bestehender drohender BK ein gefährdender Arbeitsplatz aufgegeben wird. Das BSG fordert, dass ein Versicherter, der aus betrieblichen Gründen den Arbeitsplatz verliert, anschließend erkennbar zum Ausdruck bringt, dass er wegen der fortdauernden Gefahr die gefährdende Tätigkeit nicht wiederaufnehmen wird. In der zitierten Revisionssache hatte die Klägerin dies nicht schon durch die Arbeitslosmeldung, sondern erst durch den nachfolgenden Antrag auf berufliche Rehabilitation zum Ausdruck gebracht. Es muss jedenfalls dann, wenn die Berufskrankheit zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufgabe noch nicht entstanden war, ein subjektives Element feststellbar sein, welches zu den objektiv vorhandenen Umständen hinzutritt. Es ist dabei auf die Gründe abzustellen, die den Versicherten zur Aufgabe bewegt haben.
Rz. 26
Der Versicherte muss die gefährdende Tätigkeit vollständig a...