0 Allgemeines
Rz. 1
Während das Unfallversicherungsgesetz v. 6.7.1884 noch keinerlei Regelung über die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Angestellten der Unfallversicherungsträger enthielt, wurde erstmals mit dem Gewerbeunfallversicherungsgesetz v. 30.6.1900 eine Dienstordnung (DO) vorgeschrieben. Erst durch die RVO v. 19.7.1911 wurden die bis dahin immer noch unbefriedigenden Ergebnisse beseitigt und die Vorschriften eingeführt, die im Wesentlichen auch heute noch gelten.
Rz. 2
Anders als im Bereich der Krankenversicherung, wo das Dienstordnungsrecht (DO-Recht) seit dem 1.1.1993 für neu eingegangene Arbeitsverhältnisse nicht mehr gilt, hat es der Gesetzgeber für die Unfallversicherung auch mit dem Inkrafttreten des UVEG am 1.1.1997 im Wesentlichen beibehalten (zur Analyse der Kosten und der zeitlichen Kostenverteilung bei DO-Angestellten vgl. Schulz, Die BG 1997 S. 572).
Rz. 3
Bedienstete der Unfallversicherungsträger können Beamte, dienstordnungsmäßige Angestellte, Tarifangestellte und Arbeiter sein. Dienstordnungs-Angestellte (DO-Angestellte) sind nicht Beamte im staatsrechtlichen Sinne, wohl aber im haftungsrechtlichen und strafrechtlichen Sinne. Sie sind nicht sozialversicherungspflichtig, sondern beihilfeberechtigt. Die Besoldung und das Ruhegehalt (Pension) entsprechen beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die dienstrechtlichen Beziehungen sind jedoch privatrechtlich strukturiert. Der Arbeitsvertrag stellt eine Sonderform des bürgerlich-rechtlichen Dienstvertrages im öffentlichen Dienst, ein Rechtsverhältnis eigener Art dar, für das die materielle Annäherung an das Beamtenrecht von jeher charakterisierendes Merkmal war (vgl. BSG, Urteil v. 11.2.1976, 7 RAr 107/73, BSGE 41 S. 171). Streitigkeiten über die Rechte und Pflichte aus dem Arbeitsverhältnis sind privatrechtlicher Natur. Die Arbeitsgerichte sind insoweit für Rechtsstreitigkeiten sachlich zuständig. Der DO-Angestellte steht nicht in einem öffenlich-rechtlichen Dienstverhältnis; er wird nicht ernannt, sondern er schließt einen Arbeitsvertrag.
Rz. 4
Es ist dem Unfallversicherungsträger freigestellt, ob er seine Bediensteten nach der DO oder als Tarifangestellte anstellt. Für letzteren Personenkreis gilt § 144 und somit die DO nicht. Ihre arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den entsprechenden Tarifverträgen. Für Angestellte und Arbeiter der Berufsgenossenschaften gilt der Berufsgenossenschaftliche Angestellten- bzw. Arbeitertarifvertrag (BGAT/BG-ArbT). Deren Regelungen entsprechen im Wesentlichen dem Inhalt des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT). Die gewerblichen Berufsgenossenschaften beschäftigen annähernd 19.000 Mitarbeiter. Davon beschäftigt die BG Bau allein etwa 4.000 Mitarbeiter. Neben den Angestellten sind bei den Berufsgenossenschaften etwa 7.000 DO-Angestellte tätig.
1 Ausgestaltung der DO
Rz. 5
Die DO hat die Rechtsnatur einer Satzung i. S. d. §§ 33, 34 SGB IV. Sie ist als autonomes Selbstverwaltungsrecht der Unfallversicherungsträger zu qualifizieren. Es handelt sich demnach um untergesetzliche Normen, die dem Bundesrecht bzw. dem Landesrecht zuzuordnen sind, je nachdem, ob der erlassende Unfallversicherungsträger eine bundesunmittelbare oder eine landesrechtliche Körperschaft ist. Die DO bedarf als Satzung der Genehmigung durch die Aussichtsbehörde (§ 147). Aufsichtsbehörde für die bundesunmittelbaren Berufsgenossenschaften ist nach § 90 Abs. 1 SGB IV das Bundesversicherungsamt. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder die von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmten Behörden führen die Aufsicht über die landesunmittelbaren Berufsgenossenschaften (§ 90 Abs. 2 SGB IV). Die Aufsichtsbehörde prüft im Genehmigungsverfahren nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit der DO. Da bei der Aufstellung der DO ein bestimmter Gestaltungsspielraum besteht, dürfen Änderungen von der Aufsichtsbehörde in der vom Versicherungsträger vorgelegten DO nicht vorgenommen werden, sondern es darf nur die Angemessenheit der Regelungen überprüft werden. Wohl aber dürfen Anregungen und Ergänzungshinweise gegeben werden.
Rz. 6
Nach § 89 SGB IV kann die Aufsichtsbehörde, sofern die Genehmigung verweigert worden ist, der Berufsgenossenschaft eine angemessene Frist zur Aufstellung bzw. Änderung der DO setzen. Wird dieser Aufforderung nicht innerhalb der Frist nachgekommen, hat die Aufsichtsbehörde als Ersatzvornahme die DO aufzustellen. Das gleiche Verfahren wie bei erstmaliger Aufstellung der DO gilt bei Änderungen (§ 147 Abs. 4).
Rz. 7
Bei der Aufstellung der DO ist die Vertreterversammlung (§ 33 SGB IV) des Unfallversicherungsträgers bezüglich des Regelungsgehalts nicht frei, sondern an die gesetzlichen Vorgaben der §§ 144 bis 149a gebunden. Ferner ist die DO an dem leistungsrechtlichen Rahmen und den leistungsrechtlichen Grundsätzen des Beamtenrechts auszurichten. Darüber hinaus ist auch der sich aus § 69 Abs. 2 SGB IV ergebende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Das DO-Rec...