0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.1.1997 durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) in Kraft getreten. Die Einbeziehung der Lebenspartner in § 135 Abs. 4 erfolgte durch § 54 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften v. 16.12.2001 (BGBl. I S. 266).
Abs. 3 und 7 wurden durch das Gesetz zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3299) mit Wirkung zum 1.1.2005 geändert. Mit Abs. Nr. 5a ist die Vorschrift durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) mit Wirkung zum 1.1.2012 ergänzt worden. Abs. 1 Nr. 4 wurde geändert durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) mit Wirkung zum 22.4.2015. Abs. 4a wurde eingefügt durch Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) v. 4.4.2017 (BGBl. I S. 778) mit Wirkung zum 11.4.2017.
1 Allgemeines
Rz. 2
Sind hinsichtlich der versicherten Tätigkeit mehrere Unfallversicherungsträger zuständig, regelt die Vorschrift die Vor- bzw. Nachrangigkeit der formellen und materiellen Unfallversicherung, um eine Doppelzuständigkeit zu verhindern (BGH, UVR 14/2009 S. 859).
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Ist nach Abs. 1 eine Tätigkeit Ausfluss einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 hat der sich daraus ergebende Versicherungsschutz stets Vorrang vor all den anderen in Nr. 1 bis 7 aufgeführten Versicherungstatbeständen.
Im Rahmen der Vor- und Nachrangigkeit ist es ohne Bedeutung, worin der Schwerpunkt einer den Versicherungsschutz begründenden Verrichtung liegt. So kommt es beispielsweise für die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers nicht darauf an, ob ein Versicherter auf einem Betriebsweg beim Aufstellen eines Warndreiecks seinen Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nachkommen oder in erster Linie sich und andere Verkehrsteilnehmer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a schützen wollte. Handelt eine versicherte Person in Abweichung von der subjektiven Handlungstendenz objektiv in seiner Eigenschaft als Beschäftigter, so ist stets das versicherte Beschäftigungsverhältnis maßgebend (SG Hamburg, Urteil v. 6.9.2013, S 40 U 129/10).
Rz. 4
Ist nach Abs. 2 die Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder die Verfolgung eines einer Straftat Verdächtigen Ausfluss einer selbstständigen Tätigkeit als Landwirt, Hausgewerbetreibender, Küstenschiffer oder Wohlfahrtspfleger (§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 6, 7 und 9), so hat der daraus resultierende Versicherungsschutz demjenigen Vorrang, der sich für die genannten Handlungen ansonsten aus § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a und c ableitet.
Rz. 4a
Löscht beispielsweise ein Landwirt nach Abflämmen eines eigenen Feldes mit übergreifender Brandgefahr für weitere eigene und nachbarliche Felder einen Brand, so wird diese Brandbekämpfung als Handlung zugunsten des landwirtschaftlichen Unternehmens eingeordnet (BSG, Urteil v. 26.11.1987, 2 RU 37/87), was die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zur Folge hat.
Rz. 4b
Bekämpft demgegenüber der Landwirt auf einem an seinen Acker angrenzenden fremden Gelände eine Feuersbrunst, die er nicht verursacht hat, sind Belange seines eigenen Unternehmens nicht berührt. Die Löschhandlung ist dementsprechend i. S. v. Abs. 2 HS 2 als Hilfeleistung zu begreifen, die über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinausgeht. Entsprechend ist in einem solchen Fall gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 7 die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers im Landesbereich gegeben.
Rz. 5
Abs. 3 regelt die Rangfolge des Versicherungsschutzes für Pflegepersonen. So resultiert beispielsweise aus der Pflege eines pflegebedürftigen Hausgewerbetreibenden durch dessen Ehegatten oder Lebenspartner der Versicherungsschutz aus § 2 Abs. 1 Nr. 6 und damit die vom betriebenen Gewerbezweig abhängende Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft nach § 121 Abs. 1.
Die an sich gegebene Zuständigkeit des kommunalen Versicherungsträgers gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 7 ist somit subsidiär.
Rz. 6
Abs. 4 ergänzt Abs. 2 im Hinblick auf die selbstständigen Landwirte bezüglich deren Ehegatten oder Lebenspartnern. Hier richtet sich der Versicherungsschutz in materieller und formeller Hinsicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a und somit nach den Spezialvorschriften zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung des SGB VII, selbst wenn der Ehegatte oder Lebenspartner mit Arbeitsvertrag, also als Beschäftigter gegen Entgelt gemäß § 2 Abs. 1 der Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen nachgeht. Demnach richtet sich der Anspruch auf Geldleistungen bei diesen Personen nach der Sondervorschrift des § 93 und nicht nach dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt gemäß § 82 i. V. m. § 14 SGB IV. Der gesetzliche Jahresarbeitsverdienst (JAV) nach § 93 wird jährlich festgelegt. Seit 1.7.2022 sind dort 14.686,97 EUR im gesamten Bundesge...