2.1 Beitragspflicht der Unternehmer (Abs. 1)
2.1.1 Adressaten der Beitragspflicht (Satz 1)
Rz. 11
Abs. 1 Satz 1 regelt die Beitragspflicht der Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Versicherte, die zu dem Unternehmer in einer besonderen Beziehung stehen, sind diejenigen Personen, die nicht oder nur zum Teil oder in untypischer Art und Weise im Interesse des beitragspflichtigen Unternehmers tätig werden. Auszubildende etwa arbeiten in einem Unternehmen nicht nur im Fremdinteresse zugunsten des Unternehmers, sondern auch im Eigeninteresse, eine Ausbildung mit Abschluss für eine spätere Berufsausübung zu erlangen. Auch Familienangehörige arbeiten meist i. S. d. familiären Solidaritätsgedankens im Unternehmen mit. Denn gemäß § 1618a BGB schulden Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht. Da auch die besondere Beziehung regelmäßig wirtschaftlich vorteilhaft für den Unternehmer ist, rechtfertigt sich damit die Finanzierungspflicht des Unfallversicherungsschutzes des Unternehmers gegenüber diesem Personenkreis (vgl. dazu näher Rz. 5).Unternehmer sind beitragspflichtig für ihre Beschäftigten i. S. d. § 7 SGB IV. Das sind diejenigen Personen, die i. S. d. § 7 SGB IV gegen Entgelt nach Weisungen des Unternehmers handeln und in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingebunden sind. Dazu gehören neben Arbeitern und Angestellten auch Auszubildende, Praktikanten, Heimarbeiter gemäß § 12 Abs. 2 SGB IV und geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 3 SGB IV.
Rz. 12
Unternehmer ist nach § 136 Abs. 3 Nr. 1 derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Unternehmer können natürliche und juristische Personen sein. Im Hinblick auf deren Beitragspflicht folgt daraus, dass Gesellschafter oder Mitglieder einer juristischen Person nicht für deren Beitragsschulden zur gesetzlichen Unfallversicherung in Anspruch genommen werden können. So begründet z. B. die Aufnahme von Gesellschaftern einer GmbH in das Unternehmerverzeichnis des Unfallversicherungsträgers lediglich deren Unfallversicherungsschutz, nicht aber deren Status als beitragspflichtige Unternehmer oder Mitunternehmer der GmbH (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 723 [RVO] Nr. 2). Auch der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH haftet grundsätzlich nicht für deren Beitragsrückstände zur gesetzlichen Unfallversicherung. Bei Personengesellschaften sind die Gesellschafter die Unternehmer und somit beitragspflichtig, soweit sie persönlich haften. Entsprechend haben sie für die Beitragsschulden beispielsweise ihrer OHG uneingeschränkt einzustehen.
Rz. 13
Anders regelt dies allerdings § 721 BGB für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR); vgl. § 705 BGB. Nach § 721 BGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Ausdrücklich schließt § 721 Satz 2 BGB eine entgegenstehende Vereinbarung aus; eine solche ist Dritten gegenüber unwirksam. Der Unfallversicherungsträger kann daher die Gesellschafter nach § 150 Abs. 1 einzeln oder auch gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen (LSG Hamburg, Urteil v. 31.1.2024, L 2 U 1/22, Rz. 48). Persönlich haftende Gesellschafter einer GbR können daher für die Beitragsschulden der Gesellschaft einschließlich etwaiger Säumniszuschläge im Wege eines Haftungsbescheids in Anspruch genommen werden (BSG, Urteil v. 28.6.2022, B 12 KR 5/20 R, mit Anm. von: Bigge, jurisPR-SozR 3/2023 Anm. 4).
Rz. 14
In einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehende Personen sind beispielsweise die bereits angesprochenen Lernenden nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 oder Rehabilitanden gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15. Bei versicherten Teilnehmern an beruflichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen einschließlich der Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation, bei Kindern in Tageseinrichtungen, Schülern und Studenten ist der Sachkostenträger Unternehmer und damit beitragspflichtig (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 2).
Rz. 15
Weiterhin sind die in einem landwirtschaftlichen Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) sowie die mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b) zu nennen. Ehegatten oder Lebenspartner sowie Familienmitglieder des landwirtschaftlichen Unternehmers arbeiten im Gesamtinteresse der Familie und i. d. R. ohne Arbeitsvertrag. Dabei kann auch das Eigeninteresse überwiegen. Besonders deutlich wird dies bei mitarbeitenden Familienangehörigen, welchen die Hofnachfolge in Aussicht gestellt wird. In diesem Zusammenhang gilt es auch die Ehegatten oder Lebenspartner von Hausgewerbetreibenden und Zwischenmeistern (§ 2 Abs. 1 Nr. 6) sowie von selbständigen Küstenschiffern und Küstenfischern (§ 2 Abs. 1 Nr. 7) zu erwähnen. Auch sie arbeiten meist im Sinne des familiären Solidaritätsgedankens im Unternehmen mit.
Rz. 16
Zu in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung Stehenden gehören ausweislich der amtlichen Begründung (BT-Drs. 13/ 2204 ...