0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) entstanden. Sie entspricht in Teilen dem ehemaligen § 725 Abs. 2 und 3 RVO.
In Abs. 1 wurde durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze v. 24.7.2003 (BGBl. I S. 1526) Satz 5 zum 1.8.2003 eingefügt.
Abs. 1 Satz 7 wurde durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen v. 23.4.2004 (BGBl. I S. 606) zum 1.5.2004 geändert sowie durch Art. 3 Nr. 20 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz – LSV-NOG) v. 12.4.2012 (BGBl. I S. 579) zum 1.1.2013 redaktionell angepasst.
Eine weitere redaktionelle Anpassung erfolgte in Abs. 1 Satz 6 durch Art. 6 Nr. 7 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz – BUK-NOG) v. 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836) zum 1.1.2016.
Abs. 2 Satz 2 wurde mit Wirkung zum 1.1.2018 neugefasst durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234).
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. vom 23.12.2016 ab 1.1.2018.
1 Allgemeines
1.1 Inhalt der Regelung
Rz. 2
Die Vorschrift regelt das sog. Beitragsausgleichsverfahren.
Rz. 3
Der nach §§ 153 ff. berechnete Beitrag kann nach Abs. 1 Satz 1 durch Zuschläge, Nachlässe und Prämien verändert werden. Nach Abs. 1 Satz 2 bleibt der Kanon an Versicherungsfällen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 (Wegeunfälle) dabei außer Ansatz. Die Möglichkeit nach Abs. 1 Satz 1 ist nach Abs. 1 Satz 3 durch Satzung zu regeln. Abs. 1 Satz 4 enthält eine Regelung über die Kriterien zur Festlegung der Höhe der Zuschläge und Nachlässe. Abs. 1 Satz 5 beinhaltet eine Satzungsbefugnis, auch nicht anzeigepflichtige Versicherungsfälle in das Recht der Zuschläge oder Nachlässe einzubeziehen. Abs. 1 Satz 6 erklärt die vorstehenden Regelungen der Sätze 1 bis 5 auch für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Abs. 2 für gültig. Abs. 1 Satz 7 gibt der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft die Satzungsbefugnis, das Regelungswerk der Sätze 1 bis 5 kraft Satzung zur Anwendung zu bringen.
Rz. 4
Abs. 2 Satz 1 beinhaltet die Möglichkeit zur Prämiengewährung bei der Verhütung von u. a. Arbeitsunfällen. Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass auch die in den sog. Inklusionsvereinbarungen nach § 166 SGB IX getroffenen Maßnahmen der betrieblichen Prävention nach § 167 SGB IX Berücksichtigung finden.
Rz. 5
Abs. 3 schließlich beinhaltet eine Ausnahme für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten, für die die Abs. 1 und 2 gerade nicht gelten.
1.2 Normzweck
Rz. 6
Die mit der Vorschrift verbundene Zielsetzung ist die Stärkung der Prävention. Zuschläge, Nachlässe und Prämien können gewährt werden, um einen Anreiz zur wirksamen Prävention zu geben. Zuschläge, Nachlässe und Prämien sollen der Beitragsgerechtigkeit dienen. Entsprechend werden Unternehmen mit wenigen oder leichten Versicherungsfällen Nachlässe oder Prämien gewährt und Unternehmen mit häufigen oder kostenaufwendigen Versicherungsfällen Zuschläge zu den üblichen Beiträgen auferlegt.
1.3 Vorgängervorschriften
Rz. 7
Vorgängervorschriften finden sich in § 725 Abs. 2 und 3 RVO.
1.4 Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen
Rz. 8
Korrespondierende Regelungen finden sich ganz allgemein im Regelungswerk der §§ 153 ff.
Rz. 9
Für den Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn ist § 125 Abs. 2 zu beachten.
Rz. 10
Bei der Prämiengewährung sind die §§ 166 und 167 SGB IX zu beachten.
2 Rechtspraxis
2.1 Zuschlags- und Nachlassverfahren (Abs. 1)
2.1.1 Grundregel
Rz. 11
Die gewerblichen Berufsgenossenschaften (§ 114 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) sowie die Unfallversicherung Bund und Bahn (§125 Abs. 2) sind gemäß Abs. 1 Satz 1 gesetzlich verpflichtet, in der Satzung Zuschläge und Nachlässe festzulegen. Zuschlags- bzw. Nachlasssysteme kommen in der Praxis ebenso vor wie kombinierte Verfahren. So ergeben sich folgende Möglichkeiten:
- isolierte Zuschläge oder
- isolierte Nachlässe oder
- Zuschläge kombiniert mit Nachlässen oder
- Prämien kombiniert mit Nachlässen.
Rz. 12
Die Einführung und die Ausgestaltung eines Prämiensystems nach § 162 Abs. 2 steht im Ermessen des Unfallversicherungsträgers; bei der Ausübung des Ermessens hat der Unfallversicherungsträger über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung seine Verwaltungspraxis zu beachten. Dabei hat der Unfallversicherungsträger interne Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zu berücksichtigen, soweit deren Anwendung der Verwaltungspraxis entspricht (Sächs. LSG, Urteil v. 23.6.2021, L 6 U 95/17).
Rz. 13
Parameter sind alle anzuzeigenden Versicherungsfälle. Anzeigepflichtig sind alle Arbeitsunfälle, die zu einer mehr als 3-tägigen Arbeitsunfähigkeit oder zum Tod des Versicherten geführt haben (§ 193 Abs. 1). Auch beim Verdacht einer Berufskrankheit besteht eine Anzeigepflicht (§ 193 Abs. 2).
Rz. 14
Beitragspflichtig für die Zahlung eines Zuschlags gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 i. V. m. der Satzung der zuständigen Berufsgenossenschaft ist das Untern...