Rz. 7
Die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung der Daten steht nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift unter dem grundsätzlichen Vorbehalt der Erforderlichkeit. Die Erforderlichkeit beinhaltet die Prüfung, dass kein milderes gleich gut geeignetes Mittel verfügbar ist, um eine gesetzliche Aufgabe zu erfüllen, und dass auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Angemessenheit) gewahrt bleibt (vgl. hierzu BVerfG, Urteil v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83 u. a., Volkszählungsurteil). Das im gesamten Bereich des Sozialdatenschutzes tragende Element des Erforderlichkeitsprinzips gilt allgemein für die Datenerhebung, § 67a Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Rz. 8
Die Erforderlichkeit kann hierbei nur bei vorausschauender Betrachtung zum Zeitpunkt der Anforderung der gewünschten Informationen beurteilt werden (Schur, BG 2007 S. 71). Nachfolgende Kenntnisse können aber ein wichtiges Indiz dafür darstellen, dass diese Beurteilung zum Zeitpunkt der Anforderung zutreffend gewesen ist; insofern gelten die allgemeinen Grundsätze der Überprüfung von Prognoseentscheidungen der Verwaltung durch die Gerichte. Prognostische Einzelbeurteilungen der vorliegenden Art beinhalten eine tatsächliche Feststellung, die keinen Beurteilungsspielraum beinhaltet und voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (BSGE 67 S. 228).
Rz. 9
Bei der gerichtlichen Überprüfung ist von dem Kenntnisstand in der mündlichen Verhandlung auszugehen, weshalb zwischenzeitliche Ereignisse – etwa die tatsächlich erfolgte Erstattung durch den Arbeitgeber – bei der rückwirkenden Beurteilung der Richtigkeit der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden dürfen (BSG, SozR 4100 § 42 Nr. 2).
Rz. 10
In Grenzfällen ist hierbei auch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten, weil eine zu penible Anwendung der Datenschutzvorschriften mit längeren Bearbeitungszeiten einhergehen kann, welche sich zulasten der Versicherten auswirken können (Ricke, in: KassKomm. SGB VII, Stand 6/07, § 199 Rz. 2). Dazu sind die gegenläufigen Belange – also insbesondere das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung – einander im Rahmen einer umfassenden Abwägung gegenüberzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.10.2006, 1 BvR 2027/02; stattgebender Kammerentschluss hinsichtlich einer in Versicherungsverträgen enthaltenen generellen Verpflichtung zur Erteilung einer Schweigepflichtentbindung).
Rz. 11
Neben der Erforderlichkeit sind bei der Erhebung, Nutzung und Verarbeitung der Daten auch besondere Widerspruchsrechte und Beweisverbote zu beachten (vgl. § 200 und dortige Kommentierung sowie insbesondere § 84 SGB X).