2.1.1 Eintritt des Versicherungsfalls
Rz. 2
Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege setzt den Eintritt eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall/Berufskrankheit) beim Versicherten sowie das grundsätzliche Gebotensein einer Krankenhausbehandlung voraus.
2.1.2 Ambulante ärztliche Behandlung
Rz. 3
Häusliche Krankenpflege wird nur gewährt, wenn Versicherte infolge des durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschadens in ambulanter ärztlicher Behandlung stehen. Beim Versicherten muss ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand vorliegen, der ärztlicher Behandlung bedarf. Die häusliche Krankenpflege bedarf einer ärztlichen Verordnung. Nach § 19 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger darf jeder behandelnde Arzt häusliche Krankenpflege verordnen.
2.1.3 Verhältnis zur Krankenhausbehandlung
Rz. 4
Versicherte erhalten häusliche Krankenpflege nach Abs. 1 Satz 1 1. Alternative, wenn Krankenhausbehandlung zwar geboten, aber nicht ausführbar ist. Nicht ausführbar ist eine stationäre Behandlung z. B., wenn der Versicherte sich weigert, ins Krankenhaus zu gehen, oder im Sterben liegt. Eine "gebotene" Krankenhausbehandlung ist als identisch zu der in § 33 Abs. 1 genannten für das Behandlungsziel "erforderlichen" stationären Behandlung anzusehen (BSG, Urteil v. 18.11.1969, 3 RK 74/66; Urteil v. 28.1.1999, B 3 KR 4/98 R).
Rz. 5
Versicherte erhalten häusliche Krankenpflege nach Abs. 1 Satz 1 2. Alternative, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt werden kann. Das ist immer dann der Fall, wenn durch ambulante Behandlung in Verbindung mit der häuslichen Krankenpflege das Ziel der Heilbehandlung ebenso oder gar besser erreicht werden kann. Wegen psychosozialer Indikation kann eine vorzeitige Beendigung der Krankenhausbehandlung und die Weiterführung der Behandlung zu Hause angezeigt sein. Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege wird dadurch bestimmt, dass sonst zur Sicherstellung einer ärztlichen Behandlung eine Pflege in der Klinik erforderlich wäre.
2.1.4 Haushalt des Versicherten
Rz. 6
Häusliche Krankenpflege wird nur im eigenen Haushalt oder im Haushalt einer familienangehörigen Person erbracht. Haushalt ist die eigenständige häusliche, wohnungsmäßige familienhafte Wirtschaftsführung des Versicherten (BSG, Urteil v. 23.3.1983, 3 RK 66/ 81; BSG, Urteil v. 1.9.2005, B 3 KR 19/04 R), d. h. der Versicherte muss die Kosten der Lebens- und Wirtschaftsführung im Wesentlichen selbst tragen (BSG, a. a. O.). Haben Versicherte keinen eigenen Haushalt, kann häusliche Krankenpflege nur gewährt werden, wenn sie sich in ihrer Familie aufhalten (z. B. bei den Kindern). Familienhaushalt ist auch ein Haushalt, der von sonstigen Verwandten oder Verschwägerten (vgl. §§ 1589, 1590 BGB) geführt wird. Aufgrund des Sinn und Zwecks der Norm sollte jedoch eine weite Auslegung dahingehend erfolgen, dass auch eine Aufnahme in den Haushalt einer nicht verwandten/verschwägerten Person möglich ist.
In Wohnheimen, Wohnstiften, Alten- oder Altenpflegeheimen ist von einem Haushalt nur dann auszugehen, wenn dem Versicherten noch eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich ist. Da es aufgrund dieser Regelungen zu Lücken im Zwischenbereich zwischen ambulanter und stationärer Versorgung kommen kann (z. B. bei Wohnungslosen, Versicherte in Einrichtungen für behinderte Menschen) ist § 37 SGB V für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geändert und präzisiert worden. Im Zweifelsfall sind diese Regelungen auch im Unfallversicherungsrecht zu berücksichtigen und entsprechend anzuwenden.
2.1.5 Pflege durch eine im Haushalt lebende Person unmöglich
Rz. 7
Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, wenn es einer im Haushalt des Versicherten lebenden Person nicht zuzumuten ist, Krankenpflege zu erbringen. Zu den Mitgliedern der häuslichen Gemeinschaft gehören alle Personen, die mit dem Versicherten dauerhaft in einem Haushalt leben. Eine verwandtschaftliche Beziehung zum Versicherten ist jedoch nicht erforderlich, um Mitglied der häuslichen Gemeinschaft zu sein, d. h., ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege ist auch ausgeschlossen, wenn in einem gemeinsamen Haushalt in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebende Versicherte vom Lebensgefährten versorgt oder verpflegt werden können.
Ob ein Mitglied der häuslichen Gemeinschaft in der Lage ist, Pflege und Versorgung des verletzten Versicherten selbst zu übernehmen, hängt von der Schwere der Erkrankung und dem dadurch bedingten Pflegebedarf, aber auch von den Fähigkeiten und der körperlichen Konstitution der Pflegeperson ab. Auch die teilweise Möglichkeit der Pflege und Versorgung ist in entsprechendem Umfang anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Unzumutbar ist die Übernahme der Krankenpflege jedenfalls dann, wenn dieser die zeitliche Inanspruchnahme durch Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Kindererziehung, Pflege einer anderen Person im Haushalt oder ein Ehrenamt entgegensteht. Auch ist der Anspruch auf häusliche Krankenpflege nur dann ausgeschlossen, wenn eine im Haushalt des Versicherten lebende Person die Krankenpflege tatsächlich erbringt. Eine entsprechende Weigerung darf nicht zulasten des Versicherten gehen (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 3 KR 23/99 R).