0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Das Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz – UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1997 hat in § 43 im Wesentlichen den Inhalt des § 569b RVO übernommen. Dort waren allerdings Familienheimfahrten bei medizinischer Rehabilitation erst bei einer länger als 8 Wochen dauernden Behandlung übernommen worden. Diese Einschränkung ist nun entfallen.
Abs. 1 wurde durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) mit Wirkung zum 1.1.2004 geändert. Abs. 2 Nr. 4 wurde mit Wirkung zum 1.9.2005 durch das Gesetz zur Reform des Reisekostenrechts v. 26.5.2005 (BGBl. I S. 1418) geändert.
Durch Art. 7 Nr. 8a des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) wurde die Vorschrift in Abs. 1 mit Wirkung zum 1.7.2020 redaktionell hinsichtlich der Verweisungsnorm auf das SGB IX geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die im Zusammenhang mit der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlichen Reisekosten sind in Abs. 1 Satz 1 geregelt. Abs. 1 Satz 2 beinhaltet hingegen die Reisekosten zur Ausführung der Heilbehandlung. Abs. 1 Satz 1 verweist dann (teilweise Rechtsgrundverweisung) auf § 73 SGB IX, Abs. 1 Satz 2 auf Abs. 2 bis 5.
Rz. 3
Nicht genannt in Abs. 1 ist die Übernahmemöglichkeit von Reisekosten bei Leistungen zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (soziale Rehabilitation). Diese können daher nicht (auch nicht analog) nach § 43 übernommen werden, sondern allenfalls nach § 39 Abs. 1 Nr. 2.
2 Rechtspraxis
2.1 Grundvoraussetzungen für die Erstattung von Reisekosten nach Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 73 SGB IX
2.1.1 Versicherungsfall als Ursache
Rz. 4
Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Erstattung ist die Zugehörigkeit zum Kreis der Versicherten nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 und das Vorliegen eines Versicherungsfalles nach § 7 oder das Drohen eines Versicherungsfalles nach § 3 BKVO. Der auf dem Versicherungsfall beruhende Gesundheitsschaden muss ursächlich sein für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben.
2.1.2 Akzessorietät
Rz. 5
Reisekosten sind keine eigenständige Leistung, sondern werden als ergänzende Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, müssen folglich mit einer dieser Leistungen in Zusammenhang stehen.
2.1.3 Erforderlichkeit
Rz. 6
Die Übernahme der Reisekosten muss zur Erbringung der Leistung (medizinische Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben) erforderlich sein. Das ist nicht der Fall, wenn einem Schüler lediglich ein Unterrichtsausfall von wenigen Tagen droht (BSG, SozR 3-2200 § 567 Nr. 1). Ist der Versicherte beruflich (wieder) eingegliedert, so sind Reisekosten nicht mehr zu übernehmen.
2.2 Umfang der Reisekosten (Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 bis 5)
2.2.1 Akzessorietät der Reisekosten
Rz. 7
Reisekosten sind keine eigenständige Leistung, sondern werden als ergänzende Leistung zur Heilbehandlung erbracht, müssen folglich mit dieser im Zusammenhang stehen.
2.2.2 Erforderlichkeit
Rz. 8
Die Übernahme der Reisekosten muss zur Erbringung der Heilbehandlung erforderlich sein. Die Erforderlichkeit von Reisekosten für die Begleitperson kann auch dann zu bejahen sein, wenn Heilbehandlung nur in einer bestimmten Klinik erbracht werden kann, hierdurch aber die Gefahr einer psychischen Erkrankung bei Verlust einer wichtigen Bezugsperson droht. Negative Auswirkungen auf Familienangehörige sind hingegen nicht ausreichend (vgl. BSG, SozR 2200 § 194 Nr. 10). Die Erforderlichkeit ist auch dann zu verneinen, wenn ein Versicherter ohne wichtigen Grund einen anderen als den nächsterreichbaren Arzt in Anspruch nimmt (vgl. LSG Niedersachsen, Breithaupt 1989 S. 708).
2.3 Leistungsumfang
2.3.1 Reisekosten nach § 73 SGB IX
2.3.1.1 Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten
Rz. 9
Die Fahrkosten umfassen die Fahrt zum Ort der medizinischen Rehabilitation oder der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder der Heilbehandlung, ggf. die Weiterfahrt zu einem weiteren Behandlungsort und die Rückfahrt zum Wohnort (bzw. dem Ort der Beschäftigung, wenn der Versicherte nach der Heilbehandlung wieder arbeitsfähig ist). Der Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten der Höhe nach ist in § 73 Abs. 4 SGB IX im Einzelnen geregelt. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ist die dort bestimmte Entfernungspauschale anzusetzen, und zwar unabhängig von der Art des gewählten Beförderungsmittels.
Rz. 10
Bei unvermeidbarer Abwesenheit vom Wohnort von mehr als 8 Stunden täglich ist zusätzlich ein pauschales Verpflegungsgeld zu zahlen, dessen Höhe sich an die erste Reisekostenstufe des BRKG anlehnt. Sind außerdem Übernachtungen erforderlich, weil die Fahrt zur Rehabilitationsstätte nicht an einem Tag zurückgelegt werden kann, erhält der Rehabilitand ein pauschales Übernachtungsgeld, dessen Höhe sich ebenfalls an der ersten Reisekostenstufe des BRKG orientiert. Derartige Pauschalierungen sind im Rahmen des § 53 SGB IX zulässig; ein Anspruch des Versicherten auf individuelle Kostenerstattung besteht grundsätzlich nicht (vgl. BSG, SozR 2200 § 194 Nr. 6; zur Zulässigkeit von Pauschalierungen vgl. auch BSG, SozR 4–4300 § 110 Nr. 1). Die Zulässigkeit von Pauschalierungen beinhaltet allerdings nicht, dass die Übernahme von Fahr- bzw. Reisekosten im Erm...