0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1997 in das SGB VII eingefügt. Vorgängernorm war § 560 Abs. 1 Satz 2 bis 4 RVO. Zugleich mit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und Einführung des SGB II wurde durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) der Begriff "Arbeitslosenhilfe" in Nr. 2 durch die Formulierung "nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II" mit Wirkung zum 1.1.2005 ersetzt.
Die Berücksichtigung der Absenkung des Arbeitslosengeldes II erfolgte durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) v. 30.7.2004 (BGBl. I S. 2014). Das Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) v. 21.3.2005 (BGBl. I S. 818) beschränkte das anzurechnende Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen auf beitragspflichtiges Einkommen.
Zuletzt wurde durch das Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung v. 24.4.2006 (BGBl. I S. 926) in Nr. 2 mit Wirkung zum 1.1.2007 das Winterausfallgeld gestrichen.
Durch Art. 12 Abs. 10 Nr. 1 und 2 des Gesetzes zur weiteren Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates v. 19.12.2022 (BGBl. I S. 2328) wurde Nr. 2 mit Wirkung zum 1.1.2023 geändert.
Durch Art. 35 Nr. 5 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652) wird ab 1.1.2024 in Nr. 2 der Begriff "Versorgungskrankengeld" durch die Begriffe "Krankengeld der Sozialen Entschädigung" ersetzt. Durch Art. 41 Nr. 3 des Gesetzes über die Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten und zur Neuordnung des Soldatenversorgungsrechts v. 20.8.2021 (BGBl. I S. 3932) wird ab 1.1.2025 in Nr. 3 der Begriff "Krankengeld der Soldatenentschädigung" eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt abweichend von § 52 SGB IX die Anrechnung von gleichzeitig erzieltem Einkommen auf das Verletzten- und das Übergangsgeld. Sie soll eine Doppelleistung vermeiden. Die Vorgängernorm des § 560 RVO ordnete demgegenüber das Ruhen des Anspruchs an. Parallelnormen im SGB V sind zu § 52 Nr. 1 die inhaltsgleiche Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und zu § 52 Nr. 2 die ähnliche Regelung des § 49 Abs. 2 Nr. 3a SGB V.
2 Rechtspraxis
2.1 Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen
Rz. 3
Nach Nr. 1 wird beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) – insbesondere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – oder Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV), das bei Arbeitnehmern um die gesetzlichen Abzüge und bei sonstigen Versicherten um 20 % vermindert ist, auf das Verletzten- und Übergangsgeld angerechnet. Das gilt indes nicht für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (z. B. Weihnachtsgeld). Für die Beitragspflichtigkeit des Arbeitsentgelts bzw. des Arbeitseinkommens ist die Beitragspflicht in der Unfallversicherung maßgeblich. Es wird also nur Einkommen angerechnet, für das der Arbeitgeber oder der Unternehmer Beiträge an die Unfallversicherung abführen muss.
Rz. 3a
Folglich sind Renten, Zinseinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht anzurechnen. Eine Anrechnung erfolgt daher auch nicht bei den Zuschüssen des Arbeitgebers zum Verletztengeld etc. nach § 23c SGB IV, soweit sie das Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Gleiches gilt für sonstige weiter bezogene Einnahmen aus der Beschäftigung i. S. d. § 23c Satz 1 SGB IV (z. B. Dienstwagen). Die Höchstjahresarbeitsverdienste nach den §§ 85, 153 sind zu beachten. Nicht berücksichtigt werden hingegen Einkünfte aus anderen Beschäftigungen, da diese nicht in die Berechnung des Verletzten- oder Übergangsgeldes eingeflossen sind und daher auch keine Doppelleistung erfolgt (Römer, in: Hauck/Noftz, SGB VII, § 52 Rz. 14). Demgegenüber sind Einkünfte aus Nebenbeschäftigungen, die während der Arbeitsunfähigkeit aufgenommen werden, anzurechnen (vgl. Römer, a. a. O.).
Rz. 4
Eine Anrechnung kommt nur bei tatsächlich erzieltem Einkommen in Betracht. Eine fiktive Anrechnung von Einkommen aus Entgeltansprüchen, die nicht erfüllt werden, ist nicht möglich (LSG RP, Urteil v. 9.11.1999, L 7 U 210/99). Eine Klausel in einem Dienstvertrag, nach der eine Lohnfortzahlung nur in dem Fall nicht erfolgt, in dem eine Krankheit aufgrund eines Arbeitsunfalls besteht, verstößt nicht gegen § 138 BGB (LSG RP, a. a. O.). In diesen Fällen geht jedoch der Anspruch des Versicherten gegen den Arbeitgeber bis zur Höhe des gezahlten Verletztengeldes auf den Träger der Unfallversicherung kraft Gesetzes nach § 115 SGB X über.
Rz. 4a
Bei mehreren Arbeitsverhältnissen oder bei einem freiwillig unfallversicherten Unternehmer, der zugleich in einer abhängigen Beschäftigung steht, ist der Zweck der Anrechnung, den Doppelbezug von Leistungen zu vermeiden, zu beachten. Demnach werden nur diejenigen Arbeitsentgelte und Einkommen angerechnet, die in die B...