2.2.1 Verhältnis von Überführungskosten zu Sterbegeld
Rz. 14
Anders als die Bestattungskosten sind die Kosten der Überführung an den Bestattungsort nicht aus dem Sterbegeld zu erbringen. Angesichts der Gegebenheiten des Arbeitsmarktes müssen Arbeitnehmer sich vielfach außerhalb ihres Wohnortes aufhalten, um die versicherte Tätigkeit zu verrichten. Daher entstehen neben den Bestattungskosten zusätzlich Überführungskosten. Dem trägt Abs. 2 Rechnung. Gegenüber dem Sterbegeld stellen die Überführungskosten gesondert zu beurteilende selbständige Entschädigungsleistung dar.
2.2.2 Anspruchsberechtigte
Rz. 15
Die Qualität des Anspruchs auf Kostenerstattung für entstandene Überführungskosten als selbständige Entschädigungsleistung wirkt sich maßgeblich auch auf den Kreis der Anspruchsberechtigten aus, der nicht – wie beim Sterbegeld – auf einen abschließend gesetzlich festgelegten Kreis von Anspruchsberechtigten beschränkt ist. Der Anspruch auf Erstattung der Überführungskosten steht vielmehr grundsätzlich jedem zu, der die Anspruchsvoraussetzungen des Abs. 2 erfüllt. Dabei ist mit Abs. 3 die weitere Voraussetzung zur Begründung des Anspruchs auf Erstattung der Überführungskosten festgelegt worden.
2.2.3 Voraussetzungen der Kostenübernahme
Rz. 16
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Kostenübernahme entstandener Überführungskosten sind – anders als es den Anschein hat – nicht allein in Abs. 2 geregelt, vielmehr ist die weitere Voraussetzung zur Begründung des Anspruchs auf Erstattung der Überführungskosten nach Abs. 3 zu berücksichtigen – die tatsächliche Kostentragung. Diese Voraussetzung hätte sicher im Wege der Auslegung der Norm auch in Abs. 2 hineingelesen werden können, so aber stellt der Gesetzgeber diese weitere Voraussetzung mit Abs. 3 selbst klar.
Rz. 17
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Kostenübernahme entstandener Überführungskosten sind daher im Einzelnen:
- Todeseintritt nicht am Ort der ständigen Familienwohnung, Abs. 2,
- dortiger Aufenthalt aus Gründen, die im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, Abs. 2 oder
- die im Zusammenhang mit den Folgen des Versicherungsfalls stehen, Abs. 2 und
- anspruchstellende Person hat die Kosten der Überführung selbst tatsächlich getragen, Abs. 3.
2.2.3.1 Todeseintritt nicht am Ort der ständigen Familienwohnung
Rz. 18
Voraussetzung für die Kostenübernahme ist zunächst, dass der Tod nicht am Ort der ständigen Familienwohnung eingetreten ist.
Rz. 19
Sinn dieser Regelung ist es, den weiten Berufspendelwegen Rechnung zu tragen.
2.2.3.1.1 Nicht am Ort
Rz. 20
Der Begriff "nicht am Ort" – also außerhalb des Ortes der Familienwohnung – ist gesetzlich nicht näher definiert. Der gesetzgeberische Normalfall geht davon aus, dass eine versicherte Tätigkeit nicht im Homeoffice, also direkt in der Familienwohnung verrichtet wird, sondern der Arbeitsort außerhalb der Familienwohnung liegt. Nicht jeder Fall der Ausübung der versicherten Tätigkeit außerhalb der Familienwohnung kann jedoch erfasst werden. Da Sinn der Regelung ist, eine Kostenerstattung zu gewähren, wenn die Überführungskosten – abweichend vom Normalfall – deshalb besonderes hoch sind, weil der Arbeitsort außerhalb der Familienwohnung liegt, ist als Kriterium des Begriffs "nicht am Ort" die Gemeindegrenze zu wählen, innerhalb deren die Familienwohnung liegt. Liegt der Arbeitsort außerhalb der Gemeindegrenze, ist das Merkmal "nicht am Ort" als erfüllt anzusehen.
2.2.3.1.2 Familienwohnung
Rz. 21
Zur Bestimmung der Familienwohnung ist zunächst auf die allgemeine Regelung in § 30 Abs. 3 SGB I abzustellen. Der Begriff Familienwohnung ist dabei aber ein eigenständiger Begriff, der entsprechend zu interpretieren ist. Ständige Familienwohnung ist die Wohnung, die ständig, d. h. für längere Zeit, den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bildet (BSG, Urteil v. 25.11.1955, 2 RU 93/54). Anders als der Begriff vermuten lässt, setzt dies keine familienhaften Bindungen des Versicherten zu einer anderen Person voraus. Auch die selbständige Wohnung eines alleinstehenden Versicherten ist eine Familienwohnung, wenn sie den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse bildet (BSG, Urteil v. 29.11.1963, 2 RU 56/63). Die Wohnung muss für nicht unerhebliche Zeit den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bilden. Maßgebend für die Bestimmung der "ständigen Familienwohnung" ist allein die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse zum Unfallzeitpunkt, bei deren Prüfung insbesondere auch soziologische und psychologische Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Kriterien für den im Wege einer wertenden Betrachtungsweise zu ermittelnden Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten sind u. a. das Ausmaß der sozialen Kontakte zu anderen Personen.
Rz. 22
Bei einem verheirateten Versicherten befindet sich daher der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse im Allgemeinen an dem Ort, an dem sich der Ehepartner und die gemeinsamen Kinder nicht nur vorübergehend aufhalten. Daneben sind aber bei der Feststellung des Mittelpunktes der Lebensverhältnisse in gleicher Weise objektive Kriterien in die Wertung mit einzubeziehen, in denen dann die subjektiven Verhältnisse unter Umständen ihre Bestätigung finden. So kann beispielsweise die Gestaltung der Wohnverhältnisse (Größe...