0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) am 1.1.1997 in Kraft getreten (vgl. zu den Gesetzesmaterialien: BR-Drs. 263/95 S. 70, 71, 258 = BT-Drs. 13/2204 S. 26, 27, 91).
Durch Art. 3 Nr. 8 des 3. Wahlrechtsverbesserungsgesetzes (3. WRVG) v. 29.4.1997 (BGBl. I S. 968) wurde bereits mit Wirkung zum 7.5.1997 § 66 Abs. 1 Satz 1 dahingehend geändert, dass der Halbsatz angefügt wurde: "§ 65 Abs. 2 Nr. 1 findet keine Anwendung." (vgl. Gesetzesmotive: BR-Drs. 962/96 S. 20 = BT-Drs. 13/7144 S. 10).
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 29.4.1997 ab 7.5.1997.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 66 übernimmt die Regelungen aus § 592 RVO. Gemäß § 217 Abs. 2 Satz 1 sind die §§ 590 bis 593, 598 und § 600 Abs. 3 RVO i. V. m. §§ 602 und 614 RVO in der am 31.12.1985 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn der Tod des Versicherten vor dem 1.1.1986 eingetreten ist.
1.1 Inhalt der Regelung
Rz. 3
Abs. 1 führt die Anspruchsvoraussetzungen auf:
- der Anspruchsteller ist der frühere Ehegatte,
- die Ehe ist geschieden oder
- für nichtig erklärt oder
- aufgehoben,
- der Versicherte hat während des letzten Jahres vor dem Tod Unterhalt geleistet oder
- dem früheren Ehegatten stand im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten ein Anspruch auf Unterhalt zu.
Leistungen im Sterbevierteljahr sind ausgeschlossen. Ist der Unterhaltsanspruch zeitlich begrenzt, so gilt das auch für den darauf beruhenden Rentenanspruch.
Abs. 2 regelt die Aufteilung der Rente unter mehreren Berechtigten.
Abs. 3 stellt klar, ab wann in einem solchen Fall die Kürzung eintritt.
1.2 Normzweck
Rz. 4
Sinn der Regelung ist die Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf einen Anspruch auf Witwen- und Witwerrente. Auch die wirtschaftliche Existenz frühere Ehegatten soll unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Tod des ehemaligen Partners gesichert werden; auch hier hat die Rente daher Unterhaltsersatzfunktion. Damit sollen Härten beseitigt werden, die entstehen können, wenn eine Rente einem Hinterbliebenen nur gezahlt wird, wenn eine rechtsgültige Ehe bestand.
Rz. 5
Der Gesetzgeber hat mit § 66 Abs. 2 daher insbesondere die Ehedauer als besonderes Kriterium einer zu vermeidenden Härte gesetzlich normiert, um damit zu verhindern, dass eine ggf. wesentlich länger dauernde erste Ehe, die geschieden wird, dazu führt, dass ein zweiter Ehepartner mit einer deutlich kürzeren Ehedauer zulasten des ersten geschiedenen Ehepartners allein rentenberechtigt ist. Durch die zeitliche Begrenzung des Rentenanspruchs nach den Regelungen in § 66 Abs. 1 Satz 2 wird vermieden, dass der Überlebende bessergestellt wird, als er ohne den Eintritt des Arbeitsunfalls stünde.
Rz. 6
Die Begrenzung der Rentenleistungspflicht nach Abs. 3 schließlich schützt die Solidargemeinschaft der Beitragszahler. Eine erhebliche Erhöhung des Versicherungsrisikos zu deren Lasten wird damit ausgeschlossen.
1.3 Vorgängervorschriften
Rz. 7
§ 66 übernimmt die Regelungen aus § 592 RVO. Gemäß § 217 Abs. 2 Satz 1 sind die §§ 590 bis 593, 598 und § 600 Abs. 3 RVO i. V. m. §§ 602 und 614 RVO in der am 31.12.1985 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn der Tod des Versicherten vor dem 1.1.1986 eingetreten ist.
1.4 Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen
Rz. 8
Die zentrale korrespondierende Regelung finden sich in den § 65 Abs. 2, der die Bezugsnorm für die Festlegung der Rentenhöhe ist. Zur Einkommensanrechnung ist auf § 65 Abs. 3 abzustellen.
Rz. 9
Weiterhin zu beachten sind die zivilrechtlichen Regelungen zum Unterhaltsanspruch nach §§ 1572, 1573, 1575 und 1576 BGB.
2 Rechtspraxis
2.1 Rentenanspruch (Abs. 1)
2.1.1 Anspruchsvoraussetzungen (Satz 1)
Rz. 10
Abs. 1 Satz 1 regelt die Voraussetzungen für Witwen- und Witwerrenten an frühere Ehegatten.
2.1.1.1 Frühere Ehegatten
Rz. 11
Die/der Hinterbliebene muss die Anspruchsberechtigung durch rechtskräftiges Scheidungsurteil oder durch Urteil über die Auflösung oder Aufhebung der Ehe nachweisen. Für die Ehescheidung sind bis zum 30.6.1977 die §§ 41 ff. EheG a. F., ab 1.7.1977 die §§ 1594 ff. BGB maßgeblich. Nichtigkeitsgründe sowie die Regelungen zum Verfahren bei der Nichtigkeitserklärung sind in §§ 16 ff. EheG, die Regelungen zur Aufhebung sind in §§ 30 ff. EheG geregelt. Für Ehescheidungen ab 1.1.1978 sind die §§ 1564 bis 1568 BGB und §§ 622 bis 630 ZPO maßgeblich.
2.1.1.2 Unterhaltsleistung während des letzten Jahres vor dem Tod des Versicherten
Rz. 12
Maßgeblich ist bei dieser Alternative allein die tatsächliche Unterhaltsleistung (nicht ein etwaiger Unterhaltsanspruch). An deren Stelle soll die Hinterbliebenenrente treten. Die Unterhaltsleistung kann eine Geld-, Sach- oder Dienstleistung sein. Sie muss dazu bestimmt sein, ganz oder zu einem erheblichen Teil den laufenden wirtschaftlichen Lebensbedarf des Empfängers zu sichern. Sie wird unabhängig von einer Gegenleistung erbracht (BSG, Urteil v. 21.6.1963, 12/4 RJ 170/60; BSG, Urteil v. 3.10.1979, 1 RA 53/78; BSG, Urteil v. 25.6.1986, 4a RJ 23/85). Die Unterhaltsleistung muss mindestens 25 % des maßgeblichen Regelsatzes der Sozialhilfe ohne Aufwendungen für Unterkunft und Heizung betragen (BSG, Urteil v. 4.6.1975, 11 RA 76/74; BSG, Urteil v. 13.9.1990, 5 RJ 52/89).
2.1.1.3 Gesamtbild der Unterhaltsleistung
Rz. 13
Das Gesamtbild der Leistungen des verstorbenen Versicherten an den anspruchstellenden früheren...