Rz. 121
Das Gesetz nennt nur den Ort der Tätigkeit als Anfang und Ende des versicherten Weges. Der Weg beginnt zumeist beim Verlassen des häuslichen Bereichs und endet beim Erreichen dieses Bereichs. Der Versicherte muss diesen Weg wegen der vorangehenden bzw. der nachfolgenden betrieblichen Tätigkeit zurücklegen. Als Ausgangspunkt kommt auch ein 3. Ort in Betracht. Nur der unmittelbare Weg von dort und dorthin steht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Ausgehend vom häuslichen Bereich beginnt und endet der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes, in dem der Versicherte wohnt. Dies gilt auch bei Mehrfamilienhäusern. Auch dort beginnt bzw. endet der Versicherungsschutz mit Durchschreiten der Haustür (nicht etwa der Wohnungstür). Daran hält das BSG weiterhin fest und führt zur Begründung aus, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit einer starren Grenze bedarf (vgl. statt vieler anderer Entscheidungen: BSG, Urteil v. 13.3.1956, 2 RU 124/54; Urteil v. 7.11.2000, B 2 U 39/99 R). Wird das Wohngebäude statt einer Außentür durch einen sonstigen Durchlass begrenzt (z. B. Torbogen), so ist dies der maßgebliche Punkt. Ist die Außentür des Wohnhauses – wie hier wegen der durch den abgebrochenen Schlüssel versperrten Wohnungstür – nicht erreichbar, kann ausnahmsweise auch eine sonstige Gebäudeöffnung (z. B. ein Fenster) die mit der Außenhaustür vergleichbare Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen und dem versicherten öffentlichen Bereich bilden und damit Startpunkt des versicherten Weges sein (BSG, Urteil v. 31.8.2017, B 2 U 2/16 R; ebenso BSG, Urteil v. 15.12.1959, 2 RU 143/57 zum Sturz von einer an ein Fenster angelehnten Leiter). Entscheidend ist der Ort, an dem sich der Unfall ereignet, nicht der Ort, wo sich die Ursache befindet. Stolpert der Versicherte innerhalb des Hauses, fällt jedoch außerhalb des Hauses zu Boden, so besteht Versicherungsschutz (BSG, Urteil v. 12.10.1973, 2 RU 167/72). Beim Nachhauseweg gilt Entsprechendes (BSG, Urteil v. 29.5.1962, 2 RU 170/59). Das BSG (Urteil v. 29.5.1962, 2 RU 170/59) bejaht jedoch einen Wegeunfall, wenn die zum Unfall führende Gefahr sich nicht im Inneren des Hauses befunden, sondern den Versicherten schon unterwegs bedroht hat und mit ihm gleichzeitig ins Haus eingedrungen ist, wo sich dann im unmittelbaren Anschluss an das Öffnen der Haustür die Unfallgefährdung verwirklicht.
Rz. 122
Bei Garagen gilt Folgendes: Kann die Garage vom Gebäudeinneren des Wohngebäudes aus betreten werden, so beginnt der Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten oder Durchfahren der Garagentür (BSG, Urteil v. 31.5.1988, 2/9b RU 6/87). Verlässt der Versicherte das Haus durch die Außentür und betritt dann die Garage, so beginnt der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür, wird beim Betreten der Garage unterbrochen und lebt beim Verlassen der Garage wieder auf. Kann die Garage nur von außen betreten werden, so beginnt der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes und wird beim Betreten der Garage nicht unterbrochen (BSG, Urteil v. 27.10.1976, 2 RU 247/74; Urteil v. 18.6.2013, B 2 U 10/12 R mit Hinweis auf die frühere Rechtsprechung).
Rz. 123
Die Rechtsprechung wendet diese Grenzziehung auch auf den Weg von und zur Nahrungsaufnahme entsprechend an. Innerhalb des in der Mittagspause zur Verfügung stehenden Zeitkontingents kann der Versicherte wählen, ob er die Kantine aufsucht, zu einer Gaststätte geht oder Nahrungsmittel einkauft, um sie anschließend auf dem Betriebsgelände oder außerhalb zu verzehren (BSG, Urteil v. 26.4.1977, 8 RU 76/76; Urteil v. 2.7.1996, 2 RU 34/95). Entscheidend ist auch hier die finale Handlungstendenz des Versicherten. Der Weg zur Kantine auf dem Betriebsgelände ist bereits nach Abs. 1 Satz 1 versichert. Der Versicherungsschutz endet an der Außentür der Kantine (BSG, Urteil v. 6.12.1989, 2 RU 5/89).
Ein Steinmetzgehilfe verließ zu Beginn der 30-minütigen Mittagspause das Firmengelände, auf dem er wohnte, und fuhr über die nahe gelegene Bundesstraße zum Nachbarort, um dort bei seiner Freundin das Mittagessen einzunehmen und anschließend zum Betrieb zurückzukehren. Auf dem Hinweg kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem er sich erheblich verletzte. Das BSG (Urteil v. 27.4.2010, B 2 U 23/09 R) hat einen nach Abs. 2 Nr. 1 versicherten Wegeunfall angenommen, weil ausgehend von der Motivation des Versicherten der wesentliche Grund für den Weg die Einnahme des Mittagessens sein sollte.
Rz. 124
Bei zweigeteilter Arbeitszeit ist der Versicherungsschutz nicht auf täglich nur einen einzigen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit beschränkt, sofern jeder dieser mehrfachen Wege an einem Tag mit der versicherten Tätigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang steht (BSG, Urteil v. 29.2.1984, 2 RU 73/82; Urteil v. 20.3.2007, B 2 U 19/06 R). Der Weg muss jedoch auch dann mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängen. Dabei ist wiederum die Handlungstendenz entscheidend. Sucht de...