Rz. 14
Strafgefangene haben als Versicherte gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Entsprechend können sie Geldleistungen wie etwa Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder Verletztengeld beanspruchen, wenn diese aus einem Arbeitsunfall während des Strafvollzuges resultieren. Dafür bedarf es als Berechnungsgrundlage einen JAV.
Rz. 15
Der Gesetzgeber bringt mit Abs. 3 zwar zum Ausdruck, dass Gefangene aufgrund des Strafvollzugsgesetzes bei der Ausübung der ihnen zugewiesenen Arbeit, einer sonstigen Beschäftigung oder einer Hilfstätigkeit eine finanzielle Zuwendung erhalten, die nicht als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen i. S. v. §§ 14, 15 SGB IV zu verstehen ist. Gleichwohl benutzt er den Begriff Arbeitsentgelt im StrafvollzugsG. Arbeitsentgelt im Strafvollzug ist somit als Einnahme aus einer Beschäftigung sui generis zu verstehen.
Rz. 16
Ereignet sich während der Freiheitsentziehung ein Arbeitsunfall, der einen Anspruch auf Verletztengeld nach sich zieht, so existiert hinsichtlich der Höhe des an den verunfallten Strafgefangenen zu leistenden Verletztengeldes eine Spezialvorschrift.
Das Verletztengeld richtet sich nach § 47 Abs. 6 HS 1 i. V. m. Abs. 1 und § 47 Abs. 1 und 2 SGB V. Demnach sind 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens (Regelentgelt) zugrunde zu legen. Das Regelentgelt im Strafvollzug bemisst sich nach § 200 StrafvollzugsG. Danach sind bei der Bemessung des Arbeitsentgelts 9 % der unter Rz. 11 genannten Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zugrunde zu legen (Eckvergütung). Nach § 43 Abs. 2 Satz 3 StrafvollzugsG ist Tagessatz der 250. Teil der Eckvergütung.
Rz. 17
Nach Haftentlassung greift die Begünstigungsregelung des § 47 Abs. 6 HS 2. Danach erhalten die Betroffenen ein kalendertägliches Verletztengeld in Höhe des 450. Teils des nach der Haft erzielten günstigeren JAV. Auch hier kann im Bedarfsfalle unter Berücksichtigung der unter Rz. 6 dargestellten Berechnungsgrundsätze das Auffüllen von Zeiten ohne Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen für die Festsetzung des Verletztengeldes vorgenommen werden.
Für Strafgefangene, die außerhalb der Haftanstalt einer "normalen" Beschäftigung nachgehen, wird der JAV wie bei allen anderen Beschäftigten ermittelt.
Rz. 18
Hinsichtlich von Strafgefangenen zu beanspruchender Verletztenrenten existiert keine dem § 47 Abs. 6 vergleichbare Vorschrift. Gleichermaßen gilt wie beim Verletztengeld § 200 StrafvollzugsG als Basis für die Rentenberechnung zu beachten. 9 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (Eckvergütung) wären somit maßgeblich. Diese Berechnungsgrundlage dürfte für eine Verletztenrente in Anbetracht von § 85 Abs. 1 unbillig und entsprechend gemäß § 87 zu korrigieren sein. Denn nach § 85 Abs. 1 beträgt der Mindest-JAV bei Versicherten zwischen 15 und 18 Jahren 40 %, ab Vollendung des 18. Lebensjahres 60 % der Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV. Selbst der JAV für Kinder gemäß § 86 liegt höher als die Eckvergütung im Strafvollzug.
Die Korrektur nach § 87 Satz 1 hat sich im Korridor von Mindest- und Höchst-JAV nach § 85 zu bewegen. In dieser Bandbreite kann der Unfallversicherungsträger nach billigem Ermessen einen Jahresverdienst bestimmen. Im Rahmen des Ermessens sind die nach § 87 Satz 2 personenbezogenen Parameter, die nicht abschließend sind (BSG, Urteil v. 15.9.2011, B 2 U 24/10 R), bezüglich des anspruchsberechtigten Einsitzenden zu berücksichtigen.