0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist zum 1.1.1997 in Kraft getreten. Abs. 1 Satz 1 wurde durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) v. 21.3.2001 (BGBl. I S. 403) geändert. Mit Wirkung zum 1.8.2004 wurde durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) Abs. 1 Satz 2 gestrichen und der bisherige Satz 3 wurde zu Satz 2.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 95 regelt die jährliche Anpassung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Gleichklang mit der gesetzlichen Rentenversicherung und entspricht inhaltlich § 579 RVO. Zum 1.7. eines jeden Jahres wird der der Leistung zugrunde liegende Jahresarbeitsverdienst (JAV) entsprechend einem Faktor, den die Bundesregierung mit derselben Verordnung festsetzt, mit der auch der allgemeine Rentenwert festgesetzt wird (Rentenwertbestimmungsverordnung – RWBestV), angepasst. Die jährliche Anpassung soll bewirken, dass die Geldleistungen in ihrem Niveau der allgemeinen Einkommenslage entsprechen. Es werden nur die Leistungen angepasst, denen ein Versicherungsfall des Vorjahres oder früher zugrunde liegt. Zum 1.7.2008 werden also nur die Arbeitsverdienste angepasst, die wegen eines Versicherungsfalls festgesetzt wurden, der bis zum 31.12.2007 eingetreten ist. Dem Versicherungsfall i. S. d. Abs. 1 werden Neufeststellungen nach § 90 gleichgesetzt (vgl. Abs. 2 Satz 3 Rz. 6).
Der Anpassungsfaktor für die ab dem 1.7.2007 durchzuführenden Anpassungen beträgt 1,0054 (§ 4 Abs. 1 RWBestV v. 14.6.2007, BGBl. I S. 1113).
2 Rechtspraxis
2.1 Anpassung von Geldleistungen, denen ein Jahresarbeitsverdienst zugrunde liegt (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 3
Die Vorschrift ordnet die regelmäßige Anpassung von Geldleistungen an, deren Berechnung ein JAV i. S. d. § 81 zugrunde liegt. Eine regelmäßige Anpassung des JAV erfahren daher
- Verletztenrenten (§ 56),
- Renten an Hinterbliebene (§§ 65 bis 68),
- laufende Beihilfen an Hinterbliebene (§ 71 Abs. 4),
- die Gesamtvergütung (§ 75).
Rz. 4
Pflegegeld wird gemäß § 44 Abs. 4 mit demselben Faktor angepasst wie die oben genannten Leistungen. Ausdrücklich nicht erfasst werden das Verletztengeld und das Übergangsgeld. Diese Leistungen werden gemäß § 50 SGB IX (mit einem anderen Anpassungsfaktor) angepasst. Dies gilt auch dann, wenn deren Berechnung ein JAV zugrunde liegt (z. B. Verletztengeld an Unternehmer gemäß § 47 Abs. 5).
Nach der Rechtsprechung des BSG werden abgefundene Renten(-anteile) für die Dauer der Abfindung von der Vorschrift ebenfalls nicht erfasst. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass aus dem Abfindungsbetrag Renditeerträge (z. B. ersparte Darlehenszinsen oder Kapitalerträge) gezogen werden, die mindestens der allgemeinen Einkommenssteigerung und damit dem Anpassungsfaktor entsprechen. Deshalb soll eine doppelte Dynamisierung vermieden werden (BSGE 33 S. 145; BSGE 41 S. 95; zustimmend: Schmitt, SGB VII, § 95 Rz. 4; Kunze, in: LPK-SGB VII, § 95 Rz. 2; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 95 Rz. 3; Hauck/Graeff, SGB VII, § 95 Rz. 6; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 95 Rz. 13; Brackmann/Burchardt, SGB VII, § 95 Rz. 11). Das bedeutet, dass für die Leistungsanteile und die Dauer, für die der Abfindungsbetrag gezahlt worden ist, die Geldleistung nicht angepasst wird. Wird jedoch die abgefundene Rente nach Eintritt einer wesentlichen Verschlimmerung gemäß § 76 Abs. 3 in Höhe des Verschlimmerungsanteils gezahlt oder lebt die Rente gemäß § 77 Abs. 1 insgesamt wieder auf, so ist diesen Leistungen ein JAV zugrunde zu legen, der auch für die Dauer der (Teil-)Abfindung für jedes Jahr seit dem Versicherungsfall angepasst worden ist.
2.2 Anpassungsfaktor (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 5
Abs. 1 Satz 2 enthält die Ermächtigung und die Verpflichtung der Bundesregierung, gleichzeitig mit der Rentenanpassung der gesetzlichen Rentenversicherung auch den Anpassungsfaktor für die Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend dem Vomhundertsatz der Rentenversicherung zu bestimmen. Damit soll ein Gleichklang mit der Rentenerhöhung in der gesetzlichen Rentenversicherung erzeugt und sichergestellt werden, dass eine zeitnahe und aktuelle Anpassung an die Einkommensverhältnisse in der übrigen Bevölkerung erfolgt. Der Zeitpunkt der jährlichen Anpassung ergibt sich demnach aus § 65 SGB VI. In den Jahren 2004 bis 2006 ist kein Anpassungsfaktor für die gesetzliche Unfallversicherung festgelegt worden. Die Anpassungsfaktoren seit Inkrafttreten des SGB VII:
ab |
alte Bundesländer |
neue Bundesländer |
1.7.1997 |
1,0147 |
1,0527 |
1.7.1998 |
1,0023 |
1,0047 |
1.7.1999 |
1,0130 |
1,0258 |
1.7.2000 |
1,0060 |
1,0060 |
1.7.2001 |
1,0191 |
1,0211 |
1.7.2002 |
1,0216 |
1,0289 |
1.7.2003 |
1,0104 |
1,0119 |
1.7.2007 |
1,0054 |
1,0054 |
1.7.2008 |
1,0110 |
1,0110 |
1.7.2009 |
1,0241 |
1,0338 |
1.7.2010 |
1,0000 |
1,0000 |
1.7.2011 |
1,0099 |
1,0099 |
1.7.2012 |
1,0218 |
1,0226 |
1.7.2013 |
1,0025 |
1,0329 |
1.7.2014 |
1,0167 |
1,0253 |
1.7.2015 |
1,0210 |
1,0250 |
Rz. 6
Für die neuen Bundesländer ist § 215 zu beachten. Die Tabellenwerte zu den neuen Bundesländern beziehen sich auf den nach § 215 Abs. 5 zu bildenden Faktor.