Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Hidding
Anhand eines Berechnungsbeispiels in einem Handwerksbetrieb wird im Folgenden die offensive Nutzung der Preisuntergrenzen im Rahmen von Überstunden-/Schichtausweitungskalkulationen aufgezeigt. Die Planung von Überstunden bzw. einer Schichtausweitung setzt zunächst voraus, dass das Unternehmen über eine annähernde Vollauslastung verfügt. Jede weitere Annahme eines Auftrags führt zu Überstunden bzw. einer Schichtausweitung.
Der beispielhafte Handwerksbetrieb verfügt über einen Stundenverrechnungssatz von 40 EUR. In den Stundenverrechnungssatz wurden sämtliche Kosten (Vollkosten) eingerechnet.
Unter Berücksichtigung der vorab aufgeführten Annahmen stellt ein Kunde eine Angebotsanfrage. Daraufhin hat der Unternehmer das Angebot in Abb. 5 erstellt.
Abb. 5: Angebot im Beispiel
Der Kunde hat das Angebot erhalten. Nach entsprechender Durchsicht ist dieser maximal bereit, 3.750 EUR zu bezahlen. Dem Unternehmer stellt sich die Frage, ob er den Auftrag annehmen soll oder nicht. Einerseits wird offensichtlich kein Gewinn erwirtschaftet. Andererseits kann es dennoch sein, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Annahme des Auftrags interessant sein kann. Häufig ist hier die klassische Entscheidungsgrundlage der Unternehmerbauch.
Um die Frage der Auftragsannahme zielsicher beantworten zu können, muss der Stundenverrechnungssatz von 40 EUR in variable und fixe Kosten unterteilt werden. Nur die variablen Kosten wie z. B.
- Lohn für Überstunden,
- Treibstoff für Fahrzeug,
- Verschleiß an Maschinen,
- Betriebsstoffe,
- Energiekosten,
- etc.
fallen erst an, wenn der Auftrag angenommen wird. Die in den 40 EUR enthaltenen fixen Kosten fallen unabhängig von der Auftragsannahme an. So wird die Auftragsannahme keinen Einfluss auf die Höhe der Kostenpositionen
- Mietkosten,
- Geschäftsführergehalt,
- Leasingraten,
- Abschreibungen,
- Versicherungskosten,
- Verwaltungskosten,
- etc.
haben.
Im vorliegenden Beispiel bedeutet dies für den Stundenverrechnungssatz, dass dieser sich wie folgt aufteilt:
Abb. 6: Aufteilung des Stundensatzes in die fixen und variablen Bestandteile
In Kenntnis dieser Kostenaufteilung wird der Auftrag nun erneut kalkuliert. Ausgehend von den 100 benötigten Stunden für den Auftrag ergibt sich eine kurzfristige Preisuntergrenze in Höhe von 3.200 EUR (100 Std. × 32 EUR/Std.). Da der Kunde bereit ist, 3.750 EUR zu bezahlen, kann ein Deckungsbeitrag in Höhe von 550 EUR erwirtschaftet werden. Da das Unternehmen grundsätzlich bereits sehr gut ausgelastet ist und es sich hier somit um einen reinen Zusatzauftrag handelt, ist es auf jeden Fall sinnvoll, die Preisuntergrenzen offensiv zu nutzen und den Auftrag anzunehmen. Der Gewinn der Unternehmung wird sich um die zusätzlich erzielten 550 EUR Deckungsbeitrag entsprechend erhöhen.