Leitsatz
Hatten Eltern des Steuerpflichtigen diesem einen Gewerbebetrieb gegen als Sonderausgaben abziehbare Versorgungsleistungen übertragen und wird diese Leistung anlässlich der Weiterveräußerung des Gewerbebetriebs vertraglich abgelöst, führt die Ablösezahlung, weil privat veranlasst, weder zu Veräußerungskosten noch zu nachträglichen Anschaffungskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Versorgungsverpflichtung durch eine Reallast gesichert war.
2. Die Ablösesumme ist auch nicht als dauernde Last abziehbar.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG , § 12 Nr. 2 EStG , § 22 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG
Sachverhalt
Die Mutter des Klägers übertrug diesem 1968 einen Gewerbebetrieb samt Betriebsgrundstück gegen eine durch Reallast gesicherte Leibrente. In der Folgezeit zog der Kläger die Rentenzahlungen mit ihrem Ertragsanteil als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) ab. Im Streitjahr 1991 veräußerte der Kläger den Betrieb. Die Rentenverbindlichkeit gegenüber der Mutter löste er gegen Zahlung eines Kapitalbetrags an diese ab.
Der Kläger begehrte, den Ablösebetrag (als Veräußerungskosten) vom Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs abzuziehen. Das FG wies die Klage ab (EFG 1998, 1675; Leitsatz). Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der Ablösebetrag sei weder als Veräußerungskosten i.S.v. § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG noch als nachträgliche Anschaffungskosten auf das im Jahr 1968 übertragene Betriebsvermögen zu qualifizieren. Vielmehr stelle er eine gem. § 12 EStG nicht abziehbare Unterhaltsleistung dar. Die Ablösung der privaten (bislang als Sonderausgabe i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbaren) Versorgungsrente stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der (im spezifisch steuerrechtlichen Sinn) unentgeltlichen Vermögensübergabe. Sie habe mithin privaten Charakter und gehöre folglich nicht zur Sphäre der Einkünfteerzielung.
Die Ablösezahlung sei auch nicht als dauernde Last abziehbar, weil die Rechtsfolgen des steuerlich privilegierten Instituts der auf dem Gedanken des Transfers vorbehaltener Erträge beruhenden privaten Versorgungsrente mit der Ablösung geendet hätten.
Hinweis
1. Wiederkehrende Leistungen, die – wie im Streitfall – mit der Übertragung von Vermögen im Weg der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt werden (sog. private Versorgungsrente), sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet, selbst wenn diese Versorgungsleistungen aus der Sicht des Verpflichteten wirtschaftlich durch den Erwerb des übertragenen Vermögens veranlasst sind (grundlegend: BFH, Beschlüsse vom 5.7.1990, GrS 4-6/89, BStBl II 1990, 847; vom 15.7.1991, GrS 1/90, BStBl II 1992, 78; vom 12.5.2003, GrS 1/00, BFH-PR 2003, 451 und GrS 2/00, BFH-PR 2003, 453). Sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind.
Handelt es sich dagegen um eine (nicht abänderbare) Leibrente, kann nur der Ertragsanteil (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstb. a EStG) abgezogen werden. Die rechtliche Behandlung der privaten Versorgungsrente beruht auf der Charakterisierung der Versorgungsleistungen als vorbehaltene Vermögenserträge. Dadurch unterscheiden sich diese Leistungen von den Unterhaltsleistungen i.S.v. § 12 EStG.
Mit der Zuordnung der privaten Versorgungsrente zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Lasten oder Leibrente abziehbaren wiederkehrenden Leistungen ergibt sich nach der aus dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG folgenden gesetzlichen Systematik ihre private Veranlassung. Bei der wertenden Zuordnung des Vermögensübergangs als privat und unentgeltlich (i.S.v. § 7 Abs. 1 EStDV a.F.; nunmehr § 6 Abs. 3 EStG) bleibt es nach dem Besprechungsurteil auch dann, wenn die wiederkehrenden Leistungen mit ihrem kapitalisierten Betrag abgelöst werden, obwohl ab diesem Zeitpunkt das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen endet.
2. Im vorliegenden Streitfall hatte der Kläger (Vermögensübernehmer) den Betrieb veräußert und die an die Vermögensübergeberin zu zahlende Versorgungsrente abgelöst. Der BFH brauchte deshalb nicht zu entscheiden, ob die Versorgungsleistungen auch nach der Veräußerung des übergebenen Vermögens weiterhin nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar gewesen wären, wenn die Rente nicht abgelöst worden wäre. Bisher hat die Rechtsprechung dies uneingeschränkt verneint (vgl. BFH, Urteil vom 17.6.1998, X R 104/94, BStBl II 2002, 646).
M.E. spricht im Licht der Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 12.5.2003 (a.a.O.) einiges dafür, eine differenzierende Lösung zu befürworten, je nachdem, wie der Steuerpflichtige den Erlös verwendet: Erwirbt er mit dem Veräußerungserlös ein (ertragbringendes) Ersatzwirtschaftsgut, dessen Erträge zur Erfüllung der fortbestehenden Versorgungsleistungen ausreichen, so liegt die Annahme nahe, dass er die Versorgungsleistungen auch weiterhin als Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ab-ziehen kann. Andernfalls dürften die wiederkehrenden Leistungen als nach § 12 EStG...