Leitsatz
1. Eine Wohnungsdurchsuchung aufgrund von Daten einer "Steuer-CD", die mithilfe des BND beschafft wurde, mit Angaben zu Kunden liechtensteinischer Finanzinstitute, ist im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verwendung der Daten berührt nicht den verfassungsrechtlich geschützten absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung, sondern geschäftliche Kontakte mit Kreditinstituten.
2. Ob und inwieweit Tatsachen, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, zur Begründung eines Anfangsverdachts einer Durchsuchung herangezogen werden dürfen, betrifft die Vorauswirkung von Verwertungsverboten und gehört in den größeren Zusammenhang der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten. Es ist anerkannt, dass Verfahrensfehlern, die ein Verwertungsverbot für ein Beweismittel zur Folge haben, nicht ohne Weiteres Fernwirkung für das gesamte Strafverfahren zukommt.
3. Es besteht von Verfassung wegen kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre.
4. Beweismittel, die von Privaten erlangt wurden, selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte, sind grundsätzlich verwertbar, sodass allein von dem Informanten begangene Straftaten bei der Beurteilung eines möglichen Verwertungsverbotes von vornherein nicht berücksichtigt werden müssen.
5. Das sogenannte Trennungsgebot ist nicht verletzt, soweit der BND die Daten im Wege der Amtshilfe lediglich entgegengenommen und weitergeleitet, nicht aber ihre Herstellung, Beschaffung oder Erfassung veranlasst hat, sondern sich der Informant von sich aus an den BND gewandt hat. Die entgegenstehende Behauptung der Beschwerdeführer, der BND sei nur eingeschaltet worden, um dessen besondere Möglichkeiten auszunutzen, ist durch nichts belegt.
Normenkette
Art. 103 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG, § 112 Abs. 2, § 116 AO, § 9 BNDG, § 90 Abs. 2 S 1 BVerfGG, EuRHiÜbk, § 102 StPO, StraftErtrÜbk, § 17 Abs. 2 Nr. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG
Sachverhalt
Gegen Steuerpflichtige wird wegen des Verdachts der ESt-Hinterziehung in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2006 ermittelt. Das Amtsgericht hat die Durchsuchung ihrer Wohnung angeordnet, weil im Rahmen der Ermittlungen gegen einen Liechtensteiner Treuhänder bekannt geworden sei, dass ihnen Vermögensanlagen bei der L-AG in Liechtenstein zuzurechnen seien. Zudem sei von einem der Steuerpflichtigen ein Konto bei der B-Bank in den Steuererklärungen nicht angegeben worden und liechtensteinische Kapitalerträge i.H.v. etwa 2 000 000 DM nicht erklärt und dadurch voraussichtlich Steuern verkürzt worden.
Bei Durchsuchung wurden Unterlagen sichergestellt und fünf Computerdateien ausgedruckt. Die Steuerpflichtigen legten gegen die Durchsuchungsanordnung Beschwerde ein und beantragten umfassende Akteneinsicht. Sie seien daran interessiert, die Daten einzusehen, die die Grundlage der Durchsuchungsanordnung bildeten. Die Staatsanwaltschaft gewährte Akteneinsicht in die Ermittlungsakte und teilte mit, dass eine Akteneinsicht in alle Akten über die Gewinnung, den Weg und den Inhalt der maßgeblichen Daten nicht gewährt werden könne, weil darin Daten einer Vielzahl von Beschuldigten enthalten seien, die durch das Steuergeheimnis geschützt würden. Es könne jedoch mitgeteilt werden, dass es sich um Daten handle, die der Steuerfahndung im Wege der Amtshilfe durch den Bundesnachrichtendienst zur Verfügung gestellt worden seien.
Die Steuerpflichtigen haben Verfassungsbeschwerde erhoben; sie machen geltend, die der Durchsuchung zugrunde liegenden Erkenntnisse seien unverwertbar. Die Erhebung der Daten verstoße gegen das Völkerrecht, weil die Bundesrepublik die Daten außerhalb des Europäischen Übereinkommens vom 20.04.1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen und des Übereinkommens über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 08.11.1990 erlangt habe.
Die Verwendung der Daten verstoße auch gegen innerstaatliches Recht. Die Entgegennahme der Daten durch den Bundesnachrichtendienst sei rechtswidrig und strafbar gewesen. Der Bundesnachrichtendienst sei zur Entgegennahme der Daten nicht ermächtigt gewesen; die Weitergabe an die Staatsanwaltschaft verstoße darüber hinaus gegen das Trennungsgebot. Der Ankauf der Daten sei auch strafbar gewesen, denn hierdurch sei gegen § 17 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen worden. Die Aufnahme und Fortführung des Ermittlungsverfahrens sei unzulässig, weil die Daten die einzigen Erkenntnisquellen seien, auf die sich die Strafverfolgungsbehörden berufen könnten. Wenn sich ein Strafverfahren allein auf rechtswidrig erlangte Beweismittel stütze, werde gegen das in Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierte Recht auf ein faires Verfahren verstoßen.
Entscheidung
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde, die eine wichtige, in der Öffentlichkeit sehr kontrovers erörterte Frage zum wesentlichen Gegenstand hatte, gar ...