Leitsatz
1. Beruht der Vertrag zur Bebauung eines Grundstücks auf einem Angebot der Veräußererseite, das nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags geändert wurde, ist ein Indiz für eine wesentliche Abweichung vom ursprünglichen Angebot und damit zugleich gegen das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands, dass sich dadurch die Flächengrößen und/oder die Baukosten um mehr als 10 % verändern.
2. Die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes kann ebenfalls als Indiz für eine wesentliche Abweichung vom ursprünglichen Angebot zu werten sein. Ist das zusätzliche Bauwerk derart prägend oder maßgebend für das gesamte Bauvorhaben, dass sich dadurch der Charakter der Baumaßnahme ändert, kann allein aufgrund des zusätzlichen Bauwerks eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Angebots vorliegen, selbst wenn durch das zusätzliche Gebäude die 10 %-Grenze für die Flächen und die Baukosten nicht überschritten wird.
3. Ändert sich die ursprünglich angebotene Baumaßnahme nach dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags durch zusätzliche Bauten wesentlich, ist insgesamt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand zu verneinen, und zwar unabhängig davon, ob daneben die weiteren, im ursprünglichen Angebot bereits enthaltenen Gebäude im Wesentlichen wie geplant errichtet werden.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
Sachverhalt
Im Dezember 2003 machte die W GmbH der Klägerin ein Angebot auf Abschluss eines Generalübernehmervertrags, das die von der Klägerin zu erwerbenden Grundstücksflächen bezeichnete und auf die schlüsselfertige und funktionsgerechte Erstellung von mehreren Hallen sowie u.a. einem Konferenz-/Pressebereich gerichtet war. Für die Bebauung einschließlich der Planungsleistungen war eine Vergütung von insgesamt ca. 173 Mio. EUR vorgesehen.
Nachdem die Klägerin verschiedene Grundstücke gekauft hatte, erwarb sie im Dezember 2003 das flächenmäßig größte Grundstücksareal von der M GmbH. Im Kaufvertrag war das beabsichtigte Bauvorhaben der Klägerin genauso beschrieben wie im Angebot der W GmbH.
Im August 2004 schloss die Klägerin mit der W GmbH einen Generalübernehmervertrag über die Errichtung der Hallen nebst einem Konferenzgebäude. Die Vergütung sollte nun insgesamt ca. 194 Mio. EUR betragen.
Das FA ging davon aus, dass die von der Klägerin insgesamt erworbenen Grundstücke nach den Grundsätzen über den einheitlichen Erwerbsgegenstand in bebautem Zustand Gegenstand der Erwerbsvorgänge gewesen seien.
Der im Streitfall ergangene Steuerbescheid erfasste als Erwerbsvorgang jedoch nur den Kaufvertrag der Klägerin mit der M GmbH. In der Erläuterung zur Steuerfestsetzung führte das FA aus, dass ihm eine Zuordnung der Bauerrichtungskosten zu den einzelnen Grundstücken nicht möglich gewesen sei und deshalb in diesem Bescheid die insgesamt zu versteuernden Gesamtkosten erfasst worden seien.
Die Vorinstanz (FG Köln, Urteil vom 16.10.2013, 5 K 1985/09, Haufe-Index 7199146, EFG 2014, 1806) ging zwar ebenfalls davon aus, dass die Klägerin die Grundstücke – und damit auch jene der M GmbH – in bebautem Zustand erworben habe, kürzte jedoch die Bemessungsgrundlage um die Kosten für die Errichtung des Konferenzgebäudes.
Entscheidung
Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des FG hat die Klägerin die Grundstücke von der M GmbH in unbebautem Zustand erworben.
Ergibt sich aus entsprechenden Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskaufvertrag in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Auf der Veräußererseite können mehrere Personen als Vertragspartner auftreten.
Der objektiv sachliche Zusammenhang wird indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude zusammen mit dem Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hatte und der Erwerber dieses Angebot später ohne wesentliche Abweichungen annimmt. Indiz für eine solche wesentliche Abweichung ist, dass sich die Flächengrößen und/oder die Baukosten um mehr als 10 % verändern.
Entsprechendes gilt, wenn der tatsächlich abgeschlossene Vertrag zur Bebauung des Grundstücks abweichend vom ursprünglichen Angebot ein zusätzliches Gebäude umfasst. Ändert sich dadurch der Charakter der Baumaßnahme, kann allein aufgrund des zusätzlichen Bauwerks eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Angebots vorliegen.
Im Streitfall beruht der Generalübernehmervertrag auf einem erst nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags wesentlich geänderten Angebot. Die Änderung des Angebots ergibt sich aus der Aufnahme des Konferenzgebäudes und aus der Erhöhung der Baukosten um rund 12 %. Insbesondere unterscheidet sich das Konferenzgebäude in der Ko...