Leitsatz
Bringt jemand aufgrund einer mit einer Zollbehörde abgeschlossenen Vereinbarung eine Bürgschaft bei, um nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 VO Nr. 3295/94 die Überlassung oder die Aufhebung der Zurückhaltung von Waren zu erwirken, bei denen der Verdacht besteht, dass sie ein Patent verletzen, so handelt es sich bei einer Klage, mit der die Freigabe der Bürgschaft und Herausgabe der Bürgschaftsurkunde begehrt wird, nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die der Finanzrechtsweg gegeben ist, sondern um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit.
Normenkette
§ 33 FGO , § 13 GVG , Art. 7 Abs. 2 VO Nr. 3295/94
Sachverhalt
Ein Importeur meldete beim HZA eine Warensendung zur Überführung in den freien Verkehr an. Die Waren wurden vom HZA wegen von diesem befürchteter Patentrechtsverletzungen beschlagnahmt. Diese Maßnahme beruhte auf der VO Nr. 3295/94. Der Importeur erreichte jedoch die Freigabe, indem er eine Bankbürgschaft beibrachte.
Nunmehr verlangte er die Freigabe der Bürgschaft und die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde. Als das HZA dies nicht gewährte, erhob er Klage zum FG. Das FG verwies durch Beschluss die Klage an das LG, ließ jedoch hiergegen die Beschwerde zu.
Entscheidung
Der BFH sieht in dem Streit keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 33 Abs. 1 FGO. Das auf Freigabe der Bürgschaft und Herausgabe der Bürgschaftsurkunde gerichtete Klagebegehren teile die Rechtsnatur des der Beibringung der Bürgschaft zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Dieses sei bürgerlich-rechtlicher Natur. Das HZA sei lediglich als Treuhänder des Patentrechtsinhabers tätig geworden.
Die Sicherheitsleistung diene nicht dem Schutz seiner Interessen, sondern sichere zivilrechtliche Schadenersatzansprüche gegen den Importeur. Dass sie gegenüber dem HZA abgegeben worden sei, um die Überlassung der Waren zu erwirken, ändere daran nichts (vgl. zur Abtretung einer Forderung zwecks Vermeidung einer sonst anderweit drohenden behördlichen Beitreibung BFH, Urteil vom 27.3.1979, VII R 106/75, BStBl II 1979, 442, 444). Es komme für die Rechtsnatur des Verhältnisses zwischen der Klägerin und dem HZA auch nicht darauf an, ob die VO Nr. 3295/94 im Streitfall überhaupt anwendbar gewesen ist.
Hinweis
1. Nach der Verordnung (EG) Nr. 3295/94 über Maßnahmen zum Verbot der Überführung nachgeahmter Waren und unerlaubt hergestellter Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren sowie zum Verbot ihrer Ausfuhr und Wiederausfuhr (ABlEG Nr. L 341/8, neu gefasst ABlEG Nr. L 27/1) sind Waren bei der Einfuhrabfertigung zu beschlagnahmen, wenn der Verdacht besteht, dass sie ein Patent verletzen. Der Eigentümer kann jedoch nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 die Überlassung der Waren oder die Aufhebung der Zurückhaltung dadurch erwirken, dass er eine Sicherheit für die möglicherweise bestehenden Schadenersatzansprüche des Patentrechtsinhabers leistet. Es kommt dabei für die Zollbehörde nicht darauf an, ob das Patent wirklich verletzt ist, sondern nur darauf, ob die ernstliche Möglichkeit einer solchen Verletzung besteht.
Das HZA kann auch nicht etwa die Hingabe einer Sicherheit verlangen; es kann lediglich die Warenfreigabe von der Stellung der Sicherheit abhängig machen. Wird eine Sicherheit gestellt, beruht dies also auf einer Vereinbarung zwischen Importeur und HZA, nicht etwa auf einer Nebenbestimmung (Bedingung) der Warenfreigabe-Verfügung; die Vereinbarung ersetzt auch nicht i.S.d. § 54 Satz 2 VwVfG einen sonst zu erlassenden Verwaltungsakt, sondern soll die Behörde dazu bewegen, einen Verwaltungsakt zu erlassen. Dieser begehrte Verwaltungsakt hat jedoch zudem einen völlig anderen Inhalt als derjenige, welcher einer hoheitlich verfügten Sicherungshingabe zu grunde liegen würde.
Auch an der späteren Verfolgung der nach dem Patentrecht bestehenden Ansprüche ist die Zollbehörde nicht beteiligt. Sie müssen vom Rechtsinhaber ggf. im Zivilrechtsweg gegen den Importeur geltend gemacht werden. Bei Wegfall des Sicherungszwecks kann jedoch der Hauptschuldner – also der Importeur – die Rückgabe der Sicherheit und die Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde an den Bürgen verlangen (vgl. BGH, Urteile vom 2.2.1989, IX ZR 182/87, NJW 1989, 1482 und vom 24.9.1998, IX ZR 317/97, BGHZ 139, 325). Darauf stützte im Streitfall die Klägerin ihr Klagebegehren.
2. Welcher Rechtsweg für ein solches Klagebegehren gegeben ist, ist aufgrund des Sachvortrags des Rechtsuchenden nach der (wirklichen, nicht der vom Kläger in Anspruch genommenen) Rechtsnatur des Klagebegehrens zu entscheiden: Die Frage lautet, wie sich dessen Klagebegehren nach den zu seiner Begründung von ihm vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung darstellt, d.h. ob der Kläger seine angeblichen Rechte aus einem Sachverhalt herleitet, der nach öffentlichem Recht oder der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist.
3. Die Rückgabe der bei der Einfuhr geleisteten Bürgschaft kann nur auf den Wegfall der Sicherungsabrede, nicht auf öffentliches Rech...