Leitsatz
1. Werden Rentenleistungen aufgrund einer Überschussbeteiligung erhöht, sind die der Überschussbeteiligung dienenden Erhöhungsbeträge keine eigenständigen Renten. Das gilt auch dann, wenn darüber eine Mitgliederversammlung entscheiden muss und satzungsgemäß eine andere Verwendung des Überschusses z.B. in Form einer Beitragsminderung möglich wäre, sofern der Überschuss nur zugunsten der Versicherten zu verwenden ist.
2. Die Rentenleistungen unterliegen insgesamt mit dem Ertragsanteil der Besteuerung, der dem Alter des Steuerpflichtigen bei Beginn der Rentenzahlung entspricht.
Normenkette
§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb, § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG 2006
Sachverhalt
Der im Jahr 1929 geborene Kläger erhält seit dem 1.10.1986 von einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung der Pensionskasse B, einem VVaG, Rentenzahlungen. In den zwanzig Jahren bis zum Streitjahr 2006 wurden die Rentenleistungen aufgrund von Beschlüssen der Mitgliederversammlung der B insgesamt siebzehn Mal erhöht, davon vierzehn Mal zum 1.10. des jeweiligen Jahres. B meinte, diese "Bonusrenten" seien steuerrechtlich jeweils als eigenständige Renten gem. § 22 Nr. 5 Satz 2 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG anzusehen und mit dem Ertragsanteil zu besteuern, der sich im ersten Jahr der Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrags ergebe.
Das FA war anderer Auffassung und erfasste die gesamte Rentenleistung mit dem einheitlichen Ertragsanteil, der sich aus dem Alter des Klägers im Jahr der Zahlung der erstmaligen Versicherungsleistungen ergab. Das FG gab der Klage statt (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30.9.2009, 2 K 124/08, Haufe-Index 2239248, EFG 2009, 2034).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage.
Hinweis
1. Der X. Senat hatte in diesem Urteil die Frage zu beantworten, in welchen Fällen eine Rentenerhöhung zu einer weiteren selbstständigen Rente führt, die dann mit einem eigenen – wegen des höheren Alters des Rentners bei Rentenbeginn – geringeren Ertragsanteil der Besteuerung unterliegt.
2. In Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass der Erhöhungsbetrag nur dann als selbstständige Rente anzusehen ist, wenn auch das Rentenrecht eine zusätzliche Werterhöhung erfährt; dabei ist unerheblich, ob die Erhöhung von vornherein vereinbart war oder erst im Laufe des Rentenbezugs vereinbart wird.
3. Eine neue Leibrente entsteht hingegen nicht, wenn die Erhöhung infolge einer Währungs- oder Wertsicherungsklausel eintritt, da sich in diesem Fall die Rente nicht verändert, sondern ihr innerer Wert erhalten bleibt. Erhöhungen der Rentenzahlungen sind damit dem Rentenrecht dann immanent und stellen keine eigenständigen Renten dar, wenn sie die in der Rente bereits angelegte Funktion und ihren Zweck lediglich umsetzen. Das betrifft sowohl die Stellung des Rentners im Lohngefüge als auch die Sicherung der Werthaltigkeit der Rente. Es ist unschädlich, dass ggf. weitere Voraussetzungen für eine Rentenerhöhung vorliegen müssen, sofern auch sie der Sicherung dieser Funktion dienen bzw. damit im Zusammenhang stehen.
4. Die sog. Bonusrenten der Pensionskasse entstanden im Streitfall zwar nicht automatisch, sobald ein Überschuss gegeben war, da die Mitgliederversammlung auch andere Möglichkeiten der Überschussverwendung beschließen konnte. Die Mitgliederversammlung hatte aber den Grundsatz zu beachten, dass die Rückstellung bzw. Rücklage satzungsgemäß nur zugunsten der Versicherten verwendet werden durfte. Hinzu kam, dass auch die Mitgliederversammlung selbst nicht zwischen der Basis- und den sog. Bonusrenten differenzierte, sodass eine steuerliche Separierung der Renten zu einer "gekünstelten" und deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht gerechtfertigten Aufsplitterung des einheitlichen Rentenrechts geführt hätte.
5. Zu beachten: Dieses Urteil bezieht sich zwar auf alle Leibrenten; besonders interessant ist es aber nur für die Renten, die der Ertragsanteilsbesteuerung unterliegen und bei denen die Annahme einer selbstständigen Rente wegen des späteren Rentenbeginns zu einer geringeren Steuerlast führt. Anders ist dagegen die Interessenslage bei den Leibrenten der sog. ersten Schicht der Altersvorsorge, d.h. Sozialversicherungsrenten, Renten der berufsständischen Versorgungswerke und Rürup-Renten: Diese Renten werden seit 2005 mit dem Besteuerungsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst aa EStG besteuert; dieser erhöht sich bei einem späteren Rentenbeginn.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.8.2012 – X R 47/09