Leitsatz
Wird ein Arzt in eine Einzelpraxis aufgenommen und verbleibt das bisherige Betriebsvermögen zunächst im Sonderbetriebsvermögen des ursprünglichen Inhabers, stellt eine Zahlung zur Erlangung einer Beteiligung an diesen Wirtschaftsgütern einen laufenden, nicht tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn dar
Sachverhalt
Klägerin ist eine Ärzte-GbR, die durch den Eintritt eines Kollegen in die Einzelpraxis eines Arztes begründet wurde. Sämtliche Einnahmen aus der Berufstätigkeit sollten der Gesellschaft zufließen. Die bisher in der Einzelpraxis befindlichen Wirtschaftsgüter "Praxiseinrichtung" und "Praxiswert" wurden zunächst nicht in die Praxisgemeinschaft eingebracht, sondern als Sonderbetriebsvermögen des ursprünglichen Einzelunternehmers geführt. In der Folge wurde vereinbart, dass der neue Partner einen 5 %-igen Anteil am Praxiswert erhalten sollte. Der Kaufpreis wurde allerdings gestundet. Ein Jahr später wurde ein weiterer Vertrag abgeschlossen, nach dem er entgeltlich eine weitere Beteiligung von 20 % am Praxiswert und von 25 % am materiellen Vermögen des früheren Einzelunternehmers erhalten sollte. Für den daraus resultierenden Veräußerungsgewinn begehrt die Klägerin eine tarifbegünstigte Besteuerung. Die Finanzverwaltung ist dagegen der Auffassung, dass der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn keiner Begünstigung unterliegt.
Entscheidung
Das Gericht folgte der Sichtweise der Finanzverwaltung und lehnte die Klage als unbegründet ab. Da nach der im Streitfall einschlägigen Rechtslage auch Teilanteilsveräußerungen tarifbegünstigt veräußert werden konnten, war die Aufnahme eines Sozius in ein bestehendes Einzelunternehmen grundsätzlich i. R. des sog. 2-Stufen-Modells möglich. Danach räumt der bisherige Einzelunternehmer dem neuen Gesellschafter zunächst nur eine Minimalbeteiligung gegen eine geringe Ausgleichszahlung ein, um dann in einem zweiten Schritt einen Bruchteil seines durch den ersten Schritt entstandenen Mitunternehmeranteils tarifbegünstigt veräußern zu können. Nach Ansicht des Gerichts wurde im Streitfall aber keine Gesellschafteraufnahme nach dem 2-Stufen-Modell begründet, es fielen lediglich die Zeitpunkte des Eintritts und der Zahlung auseinander. Aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls ging das Gericht davon aus, dass der neue Gesellschafter in einem Schritt in die Einzelpraxis eingetreten ist und hierfür eine Beteiligung von 25 % an den materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern erhalten hat. Da der Verkauf eines Anteils an einem Einzelunternehmen nicht tarifbegünstigt möglich war, qualifizierte das Gericht den Veräußerungsgewinn als laufenden Gewinn.
Hinweis
Seit dem 1.1.2002 ist eine tarifbegünstigte Gründung einer Sozietät i. R. des 2-Stufen-Modells nicht mehr möglich, da die Veräußerung eines Teil-Mitunternehmeranteils nicht mehr durch § 16 EStG erfasst wird. Die Grundsätze der Entscheidung können daher nur mehr auf Altfälle übertragen werden.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 19.05.2011, 11 K 2340/07 F