Leitsatz
Verbliebene negative Einkünfte des Erblassers aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz i.S. des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, Satz 5 EStG gehen nicht im Wege der Erbfolge auf den Erben über.
Normenkette
§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, Sätze 3 und 5 EStG, § 1922 BGB
Sachverhalt
Der Kläger ist Erbe seines 2012 verstorbenen Vaters (V). V erzielte bis zu seinem Tod Einkünfte aus der Vermietung eines Hauses in der Schweiz. In den Jahren 2002 bis 2005 tätigte er hohe Renovierungsaufwendungen, die er durch mehrere, bis zu seinem Tode nicht zurückgeführte Darlehen finanzierte. Zum 31.12.2011 betrugen die für V nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte 251.907 EUR. Der Kläger trat als Gesamtrechtsnachfolger in die Darlehen ein und erzielte in den Jahren 2012 bis 2014 eigene positive Einkünfte aus der Vermietung des Hauses, die das FA der Besteuerung zugrunde legte. Einen Ausgleich der verbliebenen negativen Einkünfte des V mit den positiven Einkünften des Klägers ließ das FA nicht zu.
Am 6.1.2016 beantragte der Kläger beim FA jeweils auf den 31.12. der Streitjahre den Erlass von Bescheiden über die Feststellung der verbleibenden negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Schweiz nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG. Dazu führte er aus, die zum 31.12.2011 für V festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte seien um positive Einkünfte des V, die dieser bis zu seinem Tod erzielt habe, zu mindern, sodass die verbleibenden negativen Einkünfte des V zum Todeszeitpunkt noch 202.548 EUR betragen hätten. Dieser Verlustvortrag sei mit dem Tode des V auf den Kläger als Erben übergegangen. Die Altverluste seien mit den positiven, vom Kläger seit Erbfolge erzielten Mieteinkünften zu verrechnen. Daraus ergäben sich – jährlich geringer werdende – verbleibende negative Einkünfte i.S.d. § 2a EStG zum 31.12.2012, zum 31.12.2013 und zum 31.12.2014.
Das FA lehnte den Erlass der begehrten Feststellungsbescheide ab. Dagegen wandte sich der Kläger erfolgreich mit seiner Klage (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.2016, 13 K 897/16 F, Haufe-Index 10231888, EFG 2017, 281).
Entscheidung
Die Revision des FA gegen das der Klage stattgebende FG-Urteil war erfolgreich. Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Die Besprechungsentscheidung gehört zum Themenkreis "Vererblichkeit des Verlustabzugs" und kann daher als Folgeentscheidung zum Grundsatzbeschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 (BFH, Beschluss vom 17.12.2007, GrS 2/04, BFH/NV 2008, 651, BStBl II 2008, 608) bezeichnet werden.
2. Der Große Senat hatte in dem besagten Beschluss unter Aufgabe einer jahrzehntelangen Rechtsprechung entschieden, dass der Verlustabzug i.S.d. § 10d EStG mit dem Tod einer natürlichen Person grundsätzlich untergeht. Der Erbe kann also steuerlich keine "Verluste erben", die beim Erblasser entstanden sind. Grund dafür ist das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip: Allein der Erblasser hat Verluste erlitten, die seine Fähigkeit zur Steuerzahlung mindern.
3. Aus der Formulierung "grundsätzlicher Verlustuntergang mit dem Tod des Erblassers" erkennt der Jurist sofort, dass es durchaus Ausnahmegestaltungen geben kann, in denen Verluste doch auf den Erben übergehen. Einen solchen Ausnahmefall hatte der Große Senat selbst in seinem Beschluss angesprochen und der BFH musste nunmehr in der Besprechungsentscheidung darüber befinden, ob auch Drittstaatenverluste i.S.d. § 2a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a EStG aus der Vermietung eines in der Schweiz belegenen Hauses, die beim Erblasser angefallen waren, in die Kategorie "Ausnahme" fallen und deshalb vom Erben des Hauses abgezogen werden können.
4. Die vom Großen Senat des BFH angesprochene Ausnahme betrifft den Fall der gespaltenen Tatbestandsverwirklichung. Sie liegt – vereinfacht gesagt – vor, wenn der Erblasser angefangen hat, einen bestimmten Besteuerungstatbestand zu verwirklichen, und der Erbe sodann die Tatbestandsverwirklichung abgeschlossen hat. Der Großen Senat spricht von der "Verklammerung von sowohl in der Person des Erblassers als auch in derjenigen des Erben jeweils teilweise verwirklichten Besteuerungsmerkmalen".
5. Eine solche Verklammerung von Besteuerungsmerkmalen hat der BFH im Streitfall abgelehnt. Ausgangspunkt ist die Regelung in § 2a Abs. 1 EStG. Sie führt dazu, dass Verluste aus einem in der Schweiz belegenen Mietshaus nur mit positiven Einkünften derselben Art ausgeglichen werden können. Sind positive Mieteinkünfte nicht vorhanden oder zu niedrig, dann sind die Verluste festzuschreiben und ggf. in künftigen VZ mit positiven Mieteinkünften zu verrechnen. Darin sah das FG eine Verklammerung. Dem ist der BFH im Wesentlichen aus drei Gründen nicht gefolgt:
a) Im Ausgangspunkt hat er festgestellt, dass sich die von § 2a Abs. 1 EStG erfassten Drittstaatenverluste ihrer Art nach nicht von "normalen" Verlusten unterscheiden, die der Regelung des § 10d EStG unterliegen und gemäß Beschluss des Großen Senats nicht vererblich sind.