Leitsatz
Der im Inland ansässige atypisch stille Gesellschafter einer ausländischen (hier: österreichischen) Kapitalgesellschaft, die im Inland über keine Betriebsstätte verfügt und die ihrerseits aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die dies freiwillig tut, ist nicht befugt, nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG als seinen Gewinn aus der Beteiligung den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anzusetzen.
Normenkette
§ 4 Abs. 3 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG, § 32b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007; Art. 7 Abs. 1 und 7, Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000, Abs. 3 zu den Art. 7 und 10 Protokoll zum DBA-Österreich 2000 vom 24.8.2000, §§ 140 ff. AO
Sachverhalt
Die Kläger wurden für das Streitjahr 2008 als Eheleute zusammen zur ESt veranlagt.
Der Kläger, der im Streitjahr eine kapitalisierte Pensionszahlung in zweistelliger Mio. EUR-Höhe vereinnahmte, beteiligte sich im selben Jahr mit einer Einlage in etwa gleichhohen atypisch still an einer in Österreich ansässigen GmbH, der C GmbH, die mit Edelmetallen handelte und ihre Geschäfte im November 2008 aufgenommen hatte. Der Kläger hat dazu mitgeteilt, die C GmbH habe laufend An- und Verkäufe von Buntmetallen durchgeführt und auch die im Streitjahr von dieser erworbenen Kupfer- und Manganerzlager seien zwischen März und August 2009 wieder veräußert worden. Die Umsätze der C GmbH hätten zwischen rd. 100.000 EUR und 5 Mio. EUR betragen; der Handelswarenumsatz habe sich auf rd. 85 Mio. EUR belaufen. In geringerem Umfang sei die C GmbH auch beratend tätig. Sie habe ihren Gewinn und Verlust im Wege der Bilanzierung ermittelt. Ihm sei als atypisch stillem Gesellschafter ein negativer Betrag in entsprechender Millionenhöhe zugerechnet worden.
Aus dieser Beteiligung erklärten die Kläger entsprechend hohe negative gewerbliche Einkünfte, die sie nach Art. 7 und Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000 als steuerfrei behandelten und dem sog. negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 unterwarfen. Den Verlust errechneten die Kläger im Wege der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, wobei die Anschaffungskosten für die im Streitjahr getätigten Rohstofferwerbe als sofort abziehbare Betriebsausgaben angesetzt wurden. Das FA folgte dem zwar dem Grunde nach. Allerdings sei für die Berechnung der österreichische Jahresabschluss der C GmbH zum 31.12.2008 maßgebend. Der Verlustanteil sei hiernach beträchtlich niedriger. Eine alternative Gewinnermittlung nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG und ein sofortiger Abzug der Anschaffungskosten für die gehandelten Edelmetalle als Betriebsausgaben scheide aus.
Die (Sprung-)Klage gegen die hiernach festgesetzte ESt war erfolgreich (FG Nürnberg, Urteil vom 28.2.2013, 6 K 875/11, Haufe-Index 3710899, EFG 2013, 1018).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Anders als das FG meine, könne der Kläger seinen Gewinn keineswegs durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln. Er sei vielmehr an die Ermittlung der C GmbH "gebunden".
Hinweis
1. Es handelt sich um die erste Entscheidung des BFH zu den vieldiskutierten sog. Goldfingerfällen:
Ein gut verdienender Inländer beteiligt sich an einer ausländischen Personengesellschaft, die in einem Staat ansässig ist, mit welchem Deutschland sich abkommensrechtlich auf die sog. Freistellungsmethode verständigt hat. Es kann sich hierbei auch um eine atypisch stille Beteiligung an einer Auslands-Kapitalgesellschaft handeln. Diese Personengesellschaft handelt gewerblich mit Edelmetallen, vorzugsweise mit Gold. Sie vermittelt aus Abkommenssicht dem inländischen Gesellschafter eine Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat, sodass die Gewinne aus dem Metallhandel in Deutschland unbesteuert bleiben. Allerdings: Bevor die Gewinne erzielt werden, müssen die Edelmetalle erworben werden. Die regelmäßig hohen Anschaffungskosten schlagen sich wiederum auf den Steuersatz des inländischen Beteiligten nieder, zumeist in der – gewollten – Weise, dass die festgesetzte ESt auf null absinkt.
Das alles funktioniert freilich nur unter einer weiteren Voraussetzung, nämlich dann, wenn die Inlandseinkünfte durch Überschussrechnung ermittelt und damit die betreffenden Anschaffungskosten sofort abziehbare Betriebsausgaben sind. Durch einen Vermögensvergleich lässt sich das nicht erreichen.
2. Die Finanzverwaltung hat sich hier positioniert: Zum einen wird oftmals angenommen, die Personalgesellschaft agiere nur vermögensverwaltend, nicht gewerblich, sodass der spätere Gewinn aus dem Verkauf der beweglichen Wirtschaftsgüter nach abkommensrechtlicher Zuordnung im Inland zu besteuern sei. Zum anderen wird vertreten, dass eine Überschussrechnung ausscheide. Und schließlich handele es sich ohnehin um ein Steuerstundungsmodell nach § 15b EStG, was auch die Ermittlung des Progressionsvorbehalts beeinflusse.
Weil vor allem Letzteres...