Leitsatz
Ein Strukturwandel innerhalb der Verbleibensfrist von drei Jahren nach einer Investition in einen erhöht begünstigten Handelsbetrieb zu einem ebenfalls entsprechend begünstigten Betrieb des verarbeitenden Gewerbes führt nicht zu einem Wegfall der Investitionszulage.
Normenkette
§ 5 Abs. 3, 4 InvZulG 1996
Sachverhalt
Die Investorin hatte für Anschaffungen des Jahrs 1996 in Ihrem Handelsbetrieb die 10%-ige Investitionszulage beantragt und erhalten. Im Lauf des Jahrs 1997 wandelte sich der Betrieb zum – ebenfalls mit 10 % begünstigten – verarbeitenden Gewerbe. Wegen dieses Strukturwandels sah das FA die Verbleibensvoraussetzungen als verletzt an und gewährte für 1996 lediglich die Zulage für die Wirtschaftsgüter bzw. Anzahlungen, die den Strukturwandel bewirkten. Für die übrigen Anschaffungen, d.h. für die Wirtschaftsgüter, die dem Handel zuzuordnen sind, lehnte es die Gewährung ab.
Das FA wandte dabei den Grundsatz entsprechend an, wonach bei einem Strukturwandel zu einem begünstigten Betrieb, die Zulage auch noch für Investitionen des vorhergehenden Jahrs, die den Strukturwandel bewirkten, zu gewähren ist (BMF, Schreiben vom 28.6.2001 a.a.O., Rz. 81).
Entscheidung
Da der BFH einen Strukturwandel innerhalb der begünstigten Wirtschaftszweige als nicht zulagenschädlich ansieht, wurde das klageabweisende FG-Urteil aufgehoben. Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, da Feststellungen zur Höhe der Anschaffungskosten und zur Zugehörigkeit zum Anlagevermögen fehlten.
Hinweis
Die Entscheidung ist zu der 10%-igen Investitionszulage für Betriebe des verarbeitenden Gewerbes und des Groß- oder Einzelhandels nach dem InvZulG 1996 ergangen. Zulagenvoraussetzung war während der dreijährigen Bindungsfrist das Verbleiben"in einem solchen Betrieb" bzw. in einem Betrieb (einer Betriebsstätte) "des Groß- oder Einzelhandels" des Anspruchsberechtigten.
Aus diesem Wortlaut wurde gefolgert, die Begünstigungsvoraussetzungen müssten nicht nur im Zeitpunkt der Investition, sondern während des gesamten Verbleibenszeitraums gegeben sein. Ein Strukturwandel von einem begünstigten Betrieb eines bestimmten Wirtschaftszweigs (hier: Groß- oder Einzelhandel) in einen ebenfalls begünstigten Betrieb eines anderen Wirtschaftszweigs (hier: verarbeitendes Gewerbe) während des Verbleibenszeitraums wäre danach zulagenschädlich.
Dieser engen, streng am Wortlaut orientierten Auffassung tritt der BFH entgegen. Ein Strukturwandel innerhalb der Verbleibensfrist von einem zu 10 % begünstigten Handelsbetrieb zu einem ebenfalls entsprechend begünstigten Produktionsbetrieb darf nach Meinung des BFH nicht zum Wegfall der Zulage führen. Denn bei einem solchen Strukturwandel wird das Wirtschaftsgut während des gesamten Bindungszeitraums innerhalb der begünstigten Wirtschaftszweige eingesetzt. Damit werden die mit der Verbleibensvoraussetzung verfolgten Förderzwecke durchgehend verwirklicht. Andernfalls würde dem Investor eine sinnvolle oder gar erforderliche Umstellung eines Betriebs ungerechtfertigt erschwert.
Die Verwaltung vertritt ebenfalls den großzügigeren Standpunkt des BFH. In den Anweisungen zu § 2 InvZulG 1999/2005 wird lediglich verlangt, dass das Wirtschaftsgut während der Verbleibensfrist in einem Betrieb verbleibt, der einem begünstigten Wirtschaftszweig bzw. dem verarbeitenden Gewerbe oder bestimmten produktionsnahen Dienstleistungen angehört (BMF, Schreiben vom 28.6.2001, BStBl I 2001, 379 i.d.F. vom 2.7.2003, BStBl I 2003, 413, unter Rz. 57 ff.; BMF, Schreiben vom 20.1.2006, BStBl I 2006, 119 Rz. 56).
Die Unschädlichkeit eines Strukturwandels innerhalb der begünstigten Wirtschaftszweige hat gleichermaßen Bedeutung für die Verbleibensvoraussetzungen nach § 2 InvZulG 2007. Seit dem InvZulG 1999 beträgt die Bindungsfrist grundsätzlich 5 Jahre.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.10.2006, III R 1/04