Leitsatz
Nutzt der Arbeitnehmer ein ihm von seinem Arbeitgeber auch zur außerdienstlichen Nutzung überlassenes Kfz für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, so scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer hierfür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat.
Normenkette
§ 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 1, 5, 6 und 8, § 19 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erzielte im Streitjahr (2016) u.a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Seinen Lebensmittelpunkt hatte er in A. Aus beruflichen Gründen unterhielt er in B bzw. in C einen zweiten Haushalt am Beschäftigungsort. Der Kläger verfügte auch für private Fahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung (außerdienstliche Fahrten) über ein Fahrzeug (Kfz) seines Arbeitgebers, für das er pauschale (0,5 % der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung) und kilometerabhängige Zuzahlungen an diesen zu leisten hatte. In diesem Zusammenhang stand dem Kläger eine Tankkarte des Arbeitgebers zur Verfügung. Für die Nutzung der Tankkarte für außerdienstliche Fahrten zahlte der Kläger 0,10 EUR (bis Mai 2016) bzw. 0,09 EUR (ab Juni 2016) pro gefahrenen Kilometer an seinen Arbeitgeber. Im Rahmen der monatlichen Lohnabrechnungen brachte der Arbeitgeber die pauschale Zuzahlung i.H.v. 0,5 % sowie die monatlich einbehaltene Pauschale für die außerdienstliche Nutzung der Tankkarte (auf Grundlage von prognostizierten 3.750 km = 375 EUR bzw. ab Juni 2016 337,50 EUR) vom ermittelten geldwerten Vorteil für die Kfz-Nutzung (1 % des Bruttolistenpreises zuzüglich Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) in Abzug. Im Januar 2016 erfolgte zudem eine Kilometerabrechnung der tatsächlich außerdienstlich gefahrenen Kilometer für das Vorjahr und daraufhin eine Nacherhebung für die Nutzung der Tankkarte i.H.v. 558,30 EUR. Dieser Betrag wurde bei der Berechnung des zu versteuernden geldwerten Vorteils im Januar 2016 mindernd in Abzug gebracht.
Mit der ESt--Erklärung 2016 erklärte der Kläger im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung u.a. Aufwendungen für Familienheimfahrten i.H.v. je 0,10 EUR/0,09 EUR je Entfernungskilometer als Werbungskosten. Das FA erkannte die Aufwendungen auch im Einspruchsverfahren nicht an. Die daraufhin erhobene Klage wies das FG ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 8.7.2020, 9 K 78/19, Haufe-Index 14058296, EFG 2020, 1416).
Entscheidung
Die Revision der Kläger hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen. Das FG habe den geltend gemachten Werbungskostenabzug für die Familienheimfahrten des Klägers zu Recht verneint.
Hinweis
1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 EStG). Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG eine Entfernungspauschale von 0,30 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.
2. Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kfz werden gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStGnicht berücksichtigt.
3. Korrespondierend zu dem in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG normierten Ausschluss des Werbungskostenabzugs im Fall eines dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kfz verzichtet der Gesetzgeber gemäß § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2 EStGauf den Ansatz eines geldwerten Vorteils in Gestalt eines Zuschlags für eine wöchentliche Familienheimfahrt i.H.v. 0,002 % des Listenpreises zur 1 %-Regelung (s. hierzu BFH, Urteil vom 4.4.2008, VI R 85/04, BFH/NV 2008, 1237, BFH/PR 2008, 377).
4. Entgegen der Ansicht des Klägers gelten der korrespondierende Verzicht auf den Ansatz eines geldwerten Vorteils und der Ausschluss vom Werbungskostenabzug (Korrespondenzprinzip) nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht nur im Fall der unentgeltlichen Dienstwagenüberlassung, sondern auch bei (teil-)entgeltlicher Überlassung.
5. Zwar ist der geldwerte Vorteil für die Überlassung des Kfz zur außerdienstlichen Nutzung um die von dem Steuerpflichtigen getätigten Zuzahlungen auch insoweit zu mindern, als diese auf die Familienheimfahrten entfallen. Nutzungsentgelt sowie vom Arbeitnehmer getragene individuelle Kfz-Kosten mindern den privaten Nutzungsvorteil aus der Dienstwagenüberlassung bereits auf der Einnahmeseite. Dies gilt auch, soweit der zusätzliche Vorteil für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2 EStG außer Ans...