Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Wird ein Grundstück des Anlagevermögens in Veräußerungsabsicht parzelliert und wirkt der Steuerpflichtige an der Aufbereitung zum Bauland aktiv mit oder nimmt er darauf Einfluss, wechselt das Grundstück auch bei zunächst unveränderter Nutzung zum Umlaufvermögen.
2. Eine Gewinnübertragung nach § 6b EStG setzt voraus, dass das Wirtschaftsgut vor der Veräußerung noch nicht zum Umlaufvermögen geworden ist.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 EStG , § 6b Abs. 4 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Ein Bauunternehmen (KG) verlagerte seinen Bauhof in einen anderen Ort. Für das Bauhofgelände am alten Standort beantragte die KG die Aufstellung eines Bebauungsplans. Dem Antrag wurde entsprochen, und auf Kosten der KG wurde ein Bebauungsplan aufgestellt. Die KG parzellierte das Gelände in neun Reihenhausgrundstücke und übernahm die Erschließungskosten. Ende 1986 begann sie für den Verkauf von zu errichtenden Reihenhäusern zu werben. Im folgenden Frühjahr wurden notarielle Verträge für fünf Reihenhäuser geschlossen, die im Jahr 1988 fertig gestellt und übergeben wurden. Die restlichen Grundstücke veräußerte die KG an eine Tochtergesellschaft, die die Grundstücke als Bauträger vermarktete.
Den 1988 erzielten Gewinn übertrug die KG zum Teil auf Herstellungskosten für ein neues Betriebsgebäude; im Übrigen bildete sie eine Rücklage nach § 6b EStG. Das FA ging im Ergebnis davon aus, dass der Gewinn in 1988 voll zu besteuern sei. Auch das FG hielt eine Gewinnübertragung nach § 6b EStG für unzulässig.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Alle neun Grundstücke seien vor der Veräußerung zum Umlaufvermögen geworden, weil die Klägerin sie durch Beantragung und Finanzierung des Bebauungsplans aktiv baureif gemacht habe. Dass sie dabei die Absicht langfristiger Vermietung der zu errichtenden Einfamilienhäuser gehabt hätte, sei vom FG nicht festgestellt worden.
Hinweis
1. Werden Gewinne aus der Veräußerung von Anlagevermögen der ESt unterworfen, bleibt ggf. nicht mehr genügend übrig, um das dringend benötigte Ersatzwirtschaftsgut zu beschaffen. Deshalb stellt § 6b EStG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu einer Übertragung des Gewinns auf ein Ersatzwirtschaftsgut bereit. Die Übertragung von Gewinnen aus Umlaufvermögen ist dort aber nicht vorgesehen, auch wenn das Wirtschaftsgut zuvor mindestens sechs Jahre Anlagevermögen gewesen sein sollte.
Ein Wirtschaftsgut kann vom Anlage- zum Umlaufvermögen wechseln, nämlich dann, wenn es zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmt wird. Streng genommen würde es dann aber nie mehr zur Anwendung des § 6b EStG kommen, weil ja jedes veräußerte Wirtschaftsgut zuvor zum Verkauf bestimmt worden sein muss. Dass dies der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann, stellt der BFH hier klar. Nur wenn die Bestimmung zum Verkauf vor dem eigentlichen Veräußerungsvorgang stattgefunden hat, scheidet eine Gewinnübertragung aus.
2. Von besonderer Bedeutung ist die Gewinnübertragung bei Gewinnen aus Grundstücksverkäufen. Insbesondere bisher land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke erfahren eine gewaltige Wertsteigerung, wenn sie zu Bauland werden. Dem Versuch der Finanzverwaltung, hier Gewinnübertragungen bereits bei Parzellierung in Veräußerungsabsicht auszuschließen, hat sich der BFH kürzlich widersetzt. In seinem Urteil IV R 73/00 vom 31.5.2001 (BFH-PR 2001, 373) hat er klargestellt, dass ein Wechsel zum Umlaufvermögen erst dann stattfindet, wenn der Landwirt zum gewerblichen Grundstückshändler wird. Das setzt voraus, dass er über die Parzellierung hinaus aktiv an der Aufbereitung und Erschließung mitwirkt.
3. Im hier zu besprechenden Urteil übernimmt der BFH diese Rechtsprechung auch für Gewerbebetriebe. Da die Klägerin intensiv an der Baureifmachung teilgenommen hatte, indem sie den Bebauungsplan auf eigene Kosten hatte aufstellen lassen, war eine Gewinnübertragung nicht möglich.
Unklar bleibt nach der Entscheidung, ob evtl. für Unternehmen der Baubranche engere Voraussetzungen gelten als für andere Gewerbetreibende. M.E. muss auch ein Bauunternehmer die Möglichkeit haben, für den Gewinn aus der Veräußerung eines langjährig betrieblich genutzten Grundstücks die Gewinnübertragung nach § 6b EStG in Anspruch zu nehmen. Mehr als die bloße Parzellierung sollte er dann aber nicht übernehmen; besser wäre noch der Verkauf des unparzellierten Grundstücks. Findet die Vermarktung durch eine vom Bauunternehmer beherrschte Gesellschaft statt, stellt sich die bislang noch nicht beantwortete Frage, inwieweit die Tätigkeit der Gesellschaft dem Bauunternehmer zuzurechnen ist. Bei einer Kapitalgesellschaft dürfte die Gefahr der Zurechnung jedenfalls geringer sein als bei einer Personengesellschaft.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.10.2001, IV R 47, 48/00