Leitsatz
Die nachträgliche Änderung eines nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG 2006 gestellten Antrags ist unzulässig.
Normenkette
§ 20 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 3 UmwStG 2006
Sachverhalt
Der Geschäftsbetrieb der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, bestand u.a. in der Herstellung, dem Verkauf und dem Vertrieb von Getränken einer bestimmten Marke. Sie war zugleich als Kommanditistin mit einem Anteil von 21,2 % am Gesellschaftsvermögen einer anderen KG (KG) beteiligt.
Mit notariellem Vertrag vom 1.8.2007 brachte die Klägerin den auf den Vertrieb der Markengetränke bezogenen Teil ihres Geschäftsbetriebs einschließlich ihres Kommanditanteils an der KG gegen Gewährung neuer Aktien zum gemeinen Wert in die D AG (AG) ein. Dabei wurde vereinbart, dass die Einbringung wirtschaftlich und im Hinblick auf die eingebrachte Kommanditbeteiligung an der KG auch steuerlich mit Rückwirkung zum 31.12.2006, 24 Uhr ("Stichtag"), erfolgen sollte.
Die AG setzte die übernommenen Wirtschaftsgüter in ihrer Bilanz auf den 31.12.2006 mit dem gemeinen Wert an und berücksichtigte die übernommene Beteiligung auch in ihren Steuererklärungen für das Streitjahr 2006.
Die KG erklärte in der Feststellungserklärung 2006 zunächst keinen Veräußerungsgewinn für die Klägerin.
Die KG ist im Februar 2009 liquidationslos erloschen; ihr Vermögen ist auf die AG übergegangen. Im April 2009 gab die AG eine geänderte Feststellungserklärung der KG für das Streitjahr 2006 ab, in der sie für die Klägerin nunmehr einen Veräußerungsgewinn infolge der Einbringung des Kommanditanteils an der KG nacherklärte. Das FA folgte dem im Feststellungsbescheid 2006.
Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein, mit dem sie sich gegen die Einbeziehung des Veräußerungsgewinns im Streitjahr 2006 wandte. Der steuerliche Übertragungsstichtag sei nachträglich vom 31.12.2006 auf den 1.1.2007 geändert worden. Mit Schreiben vom 10.5.2010 an das für sie zuständige FA hatte die AG insoweit beantragt, den steuerlichen Übertragungsstichtag auf den 1.1.2007 zurückzubeziehen. Die Klägerin hatte einen gleichlautenden Antrag gestellt.
Das FA blieb bei seiner Auffassung, dass der Veräußerungsgewinn der Klägerin trotz der zwischenzeitlich gestellten Anträge im Streitjahr 2006 zu erfassen sei.
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.12.2016, 6 K 6243/14, Haufe-Index 10248891, EFG 2017, 441).
Entscheidung
Die Revision des FA war erfolgreich. Der BFH wies die Klage ab, weil die AG ihr bereits ausgeübtes Antragsrecht nachträglich nicht mehr ändern konnte.
Hinweis
1. Im Umwandlungssteuerrecht gibt es bekanntermaßen zahlreiche Antrags- und Wahlrechte, mit denen ganz typische Rechtsanwendungsprobleme einhergehen (Form, Fristberechnung, Änderungsmöglichkeiten u. Ä.). Der BFH hat nunmehr für die Einbringung vier praktisch wichtige Einzelfragen zum Antragsrecht gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG geklärt. Hierbei hat er teilweise auch Aussagen des Umwandlungssteuererlasses der Finanzverwaltung zurückgewiesen.
2. Bei einer Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft hat die übernehmende Kapitalgesellschaft typischerweise folgende Wahlmöglichkeiten:
a) Sie hat im Hinblick auf das eingebrachte Betriebsvermögen ein Bewertungswahlrecht gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG (Buchwert, Zwischenwert, gemeiner Wert).
b) Sie hat das Recht, den steuerlichen Übertragungsstichtag innerhalb bestimmter Grenzen festzulegen (§ 20 Abs. 6 UmwStG).
c) Sie kann den Antrag stellen, dass das Einkommen und das Vermögen so zu ermitteln ist, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen zum steuerlichen Übertragungsstichtag übergegangen wäre (§ 20 Abs. 5 UmwStG).
3. Im Streitfall war eine AG aufnehmende Kapitalgesellschaft. Sie hat von den soeben beschriebenen Wahlmöglichkeiten wie folgt Gebrauch gemacht, was dazu führte, dass der bei der KG entstandene Einbringungsgewinn im Streitjahr 2006 und nicht, wie von den Steuerpflichtigen gewünscht, im Jahr 2007 zu erfassen war:
a) Die AG setzte das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert an. Hierdurch entstand aufseiten der einbringenden KG ein Veräußerungsgewinn.
b) Als steuerlicher Übertragungsstichtag war gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 UmwStG der 31.12.2006 festgelegt worden.
c) Der streitentscheidende Antrag auf Rückbeziehung einer Einbringung – auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 31.12.2006 – gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStGwar ebenfalls wirksam gestellt worden.
4. Der BFH hat die tatbestandlichen Anforderungen des Rückbeziehungsantrags gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG im Streitfall wie folgt konkretisiert und hierbei die vier eingangs erwähnten Einzelfragen geklärt:
a) Die übernehmende Kapitalgesellschaft, im Streitfall die AG, hat den Antrag zu stellen. Denn sie allein hat auch das Bewertungswahlrecht gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG auszuüben und diese ihr allein zustehende Bewertungsentscheidung ist notwendigerweise auf einen ebenfalls von ihr zu bestimmenden Bewertungszeitpunkt zu beziehen.
b) Der Antrag ist nicht befristet, weil das Gesetz diesbezüglich keine Einsc...