Leitsatz
Die Rechtsprechung, wonach interne Miet- oder Pachtverträge zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA über wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA steuerrechtlich unbeachtlich sind (z.B. BFH-Urteil vom 24.04.2002 – I R 20/01, BFHE 199, 148, BStBl II 2003, 412), ist sinngemäß auch auf sog. interne Darlehen anzuwenden, die zur Finanzierung der aus Eigenmitteln der Trägerkörperschaft bestrittenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA vereinbart wurden.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG
Sachverhalt
Der Kläger ist ein kommunaler Zweckverband, dem die hoheitlichen Aufgaben der Abfallentsorgung übertragen und dem eine Deponie inklusive der wesentlichen Bestandteile/Einrichtungen entgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Der Kläger übernahm sämtliche Rechte und Pflichten (Verfüllung und Nachsorge), das Deponiegrundstück verblieb im Eigentum der Stadt S. Der Kläger war hoheitlich tätig, soweit er Hausmüll entsorgte. Soweit der Kläger im Rahmen der Abfallentsorgung bzw. -verwertung nicht hoheitlich tätig wurde (insbesondere Gewerbemüll), führte er die Tätigkeit im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) "Gewerbeservice" durch.
Zum 31.5.2005 entfiel aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen die Möglichkeit, die Deponie für die Einlagerung von Hausmüll zu verwenden. Der Kläger entschied daraufhin, die in seinem Eigentum stehenden und aus Eigenmitteln finanzierten Deponieanlagen (immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen) mit Wirkung vom 1.1.2006 im Wege einer Einlage auf den BgA zu übertragen. Der von dem Kläger angesetzte Einlagewert zum 31.12.2005 entsprach dem Teilwert der eingelegten Wirtschaftsgüter. Die Einlage wurde zu 20 % als (unentgeltliche) Einlage von Eigenkapital und zu 80 % auf der Grundlage eines sog. internen und mit 4 % verzinslichen Darlehens als entgeltliche Vermögensübertragung qualifiziert.
Mit seinen Steuererklärungen machte der Kläger für den BgA diese Zinsen als Betriebsausgaben geltend, allerdings nur insoweit, als diese auf einen Fremdkapitalanteil von 70 % entfielen.
Das FA ließ die Zinsen insgesamt nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei im Fall einer Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen an den BgA das Pachtentgelt, soweit es die Kosten der Trägerkörperschaft übersteige, beim BgA dem Einkommen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) hinzuzurechnen. Die für diese Rechtsprechung maßgeblichen Erwägungen seien auch in Fällen zu berücksichtigen, in denen die Überlassung des Wirtschaftsgutes an den BgA gegen Gewährung eines internen Darlehens erfolge. Das FA erließ dem entsprechend geänderte Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide.
Der Klage des Zweckverbandes gab das FG statt (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 8.3.2017, 1 K 61/15, Haufe-Index 11215313, EFG, 481).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und die Klage des Zweckverbands abgewiesen. Zur Begründung kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.
Hinweis
1. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der BFH seine Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) und seiner Trägerkörperschaft fortentwickelt.
2. Ein BgA ist zivilrechtlich kein eigenständiges Rechtssubjekt und kann schon von daher mit seiner Trägerkörperschaft (zumeist eine Kommune) keine wirksamen Verträge abschließen. Steuerrechtlich wird der BgA aber wie ein eigenständiges Steuersubjekt behandelt und das Verhältnis zu der hinter ihm stehende Gemeinde wird nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen beurteilt, die zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter gelten. Deshalb werden vertragliche Vereinbarungen zwischen dem BgA als "virtueller Kapitalgesellschaft"und seiner Trägerkörperschaft als "virtueller Alleingesellschafterin"steuerrechtlich grundsätzlich anerkannt.
3. Davon hat die Rechtsprechung aber eine wichtige Ausnahme gemacht: Verpachtet die Trägerkörperschaft an "ihren" BgA wesentliche Betriebsgrundlagen und erhält dafür Pachteinnahmen, dann wird der Pachtvertrag nicht anerkannt. Warum? Die aufseiten des BgA anfallenden Betriebsausgaben würden dessen Gewinn erheblich schmälern, aufseiten der Kommune unterlägen die Pachteinnahmen aber keiner Ertragsbesteuerung, weil die öffentliche Hand grundsätzlich nicht körperschaftsteuerpflichtig ist. Je nach Ausgestaltung des Pachtvertrages könnte ein wesentlicher Teil des vom BgA erzielten Gewinnes abgesaugt und in den nicht steuerbaren Bereich verlagert werden. Bei privaten Wettbewerbern des BgA sähe die Sache jedoch ganz anders aus. Würde eine GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage von ihrem Alleingesellschafter pachten, dann könnte sie die Pachtzinsen zwar ebenfalls als Betriebsausgaben abziehen, die Pachteinnahmen unterlägen beim Alleingesellschafter aber grundsätzlich der Ertragsbesteuerung, und zwar nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung. Wür...