Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Entsteht durch einen Dachgeschossausbau ein Neubau, kann dieser nicht nach § 7h EStG begünstigt werden. Die Prüfung der Frage, ob ein Neubau vorliegt, kann die Gemeindebehörde der Finanzverwaltung überlassen.
Sachverhalt
Streitig war, ob der Erwerb einer neu geschaffenen Dachgeschosswohnung in einem in einem Sanierungsgebiet belegenen Gebäude zur Inanspruchnahme der erhöhten AfA nach § 7h EStG berechtigt. Die von der Gemeindebehörde ausgestellte Bescheinigung enthält u. a. folgenden Passus: "Im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) entstehen mit neuen Wohnungen im Dachgeschoss im steuerrechtlichen Sinne regelmäßig neu geschaffene Wirtschaftsgüter. Diese sind nach § 7h EStG grundsätzlich nicht begünstigt. Die Prüfung, ob ein selbstständiges Wirtschaftsgut entstanden ist, obliegt letztendlich aber den Finanzbehörden."
Das Finanzamt versagte die geltend gemachte erhöhte Abschreibung, da durch die neu geschaffene Wohnung ein Neubau vorliege, der nach § 7h EStG nicht begünstigt sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die eingelegte Klage ab und entschied, dass nach § 7h EStG nur Herstellungskosten an einem im Sanierungsgebiet liegenden, bestehenden Gebäude begünstigt sind, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden. Entsteht durch den Ausbau eines Dachgeschosses erstmalig eine Wohnung, handelt es sich insoweit um einen Neubau, der nach § 7h EStG grundsätzlich nicht begünstigt ist.
Zwar entscheidet die zuständige Gemeindebehörde mit der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG für die Finanzbehörden bindend über die in § 7h Abs. 1 EStG genannten Tatbestandsmerkmale. Dies schließt grundsätzlich die Entscheidung der zuständigen Behörde darüber ein, ob ein Neubau in bautechnischem Sinne vorliegt. Insofern handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, an den die Finanzbehörden im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs gebunden sind.
Allerdings hängt die Frage, wie weit die Bindungswirkung der von der Gemeindebehörde erteilten Bescheinigung im Einzelfall reicht, vom jeweils konkreten Inhalt der Bescheinigung ab, der gegebenenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Entscheidet die Gemeindebehörde über ein Tatbestandsmerkmal nicht abschließend und überlässt sie - wie im Streitfall - die Prüfung der Finanzbehörde, so fällt die Entscheidungsbefugnis der Finanzbehörde zu.
Hinweis
Das Finanzgericht hat wegen des beim Bundesfinanzhof anhängigen Revisionsverfahrens IX R 17/15 die Revision zugelassen. Diese Entscheidung liegt zwischenzeitlich vor (BFH, Urteil v. 6.12.2016, IX R 17/15). Der Bundesfinanzhof entschied, dass sich die Bindungswirkung der Bescheinigung auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale erstreckt und daher allein die Gemeinde prüft, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. d. § 177 BauGB durchgeführt wurden.
Die im Streitfall in der Bescheinigung enthaltene "Vorbehaltsklausel", dass "sie nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung ist und die Finanzbehörde die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen … prüft", betrifft nur spezifisch steuerrechtliche Voraussetzungen, die wiederum die Gemeinde mangels Sachkunde nicht prüfen kann. Zu diesen spezifisch steuerrechtlichen Voraussetzungen gehört jedoch nicht die Beurteilung, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. d. § 177 BauGB durchgeführt wurden und ob und in welchen Fällen darunter auch ein Neubau im bautechnischen Sinne fällt.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.11.2016, 12 K 15162/14