Leitsatz
Die Buchwertprivilegierung der unentgeltlichen Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils unter Zurückbehaltung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens entfällt nicht deshalb rückwirkend, weil das zurückbehaltene Wirtschaftsgut zu einem späteren Zeitpunkt von dem Übertragenden zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen wird.
Normenkette
§ 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2, § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Der alleinige Kommanditist einer Bauunternehmens-GmbH & Co. KG schenkte seinem Sohn zum Jahresende 2008 90 % seines Kommanditanteils und 25 % der Anteile an der Komplementär-GmbH. Ein dem Vater gehörendes, an die KG vermietetes und deshalb zum Sonderbetriebsvermögen des Vaters gehörendes Grundstück war von der Schenkung nicht betroffen. Es wurde im April 2011 auf eine vom Vater neu gegründete Immobilien-GmbH & Co. KG übertragen.
Das FA war der Auffassung, wegen der späteren Übertragung des Grundstücks sei die Schenkung des Teilanteils rückwirkend nicht mehr zum Buchwert möglich; der Teilanteil sei aufgegeben worden. Den Aufgabegewinn erfasste das FA in einem geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2008 als Bestandteil des nicht tarifbegünstigten Gewinns der Bauunternehmens-KG.
Die dagegen erhobene Klage hatte vor dem FG Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 27.11.2014, 1 K 10294/13, Haufe-Index 7692253).
Entscheidung
Der BFH hielt die Revision des FA, der sich das BMF angeschlossen hatte, in der Sache für unbegründet, hob das FG-Urteil lediglich aus formalen Gründen auf und gab der Klage statt. Das nicht mitverschenkte Sonderbetriebsvermögen müsse nach der Übertragung nicht im Betriebsvermögen der Personengesellschaft verbleiben. Die für den Übertragungsempfänger nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG geltende Behaltefrist sei nicht analog auf den Übertragenden anzuwenden.
Hinweis
1. Die Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen vor Schenkung eines (ganzen) Personengesellschaftsanteils oder eines Teilanteils hat der BFH als unschädlich für die Buchwertfortführung durch den Beschenkten erachtet (BFH, Urteile vom 2.8.2012, IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053, BFH/PR 2013, 3 und vom 9.12.2014, IV R 29/14, BFH/NV 2015, 415, BFH/PR 2015, 113). Noch ist nicht klar, ob die Finanzverwaltung ihre entgegenstehende Rechtsauffassung aufgeben wird. Der hier entschiedene Fall sollte den BFH aus Sicht der Verwaltung noch einmal zur Überprüfung seiner Meinung bewegen.
2. Dazu war das Verfahren aber im Grunde nicht geeignet, denn es betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Sonderbetriebsvermögen war gerade nicht vor der Schenkung eines Teilanteils an der Personengesellschaft ausgegliedert, sondern beibehalten worden. Erst mehr als zwei Jahre später kam es zur Übertragung auf eine Schwestergesellschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG.
Das Gesetz enthält für den Fall, dass das Sonderbetriebsvermögen nicht zu einer dem übertragenen Gesellschaftsanteil entsprechenden Quote mitverschenkt wird, eine den Beschenkten belastende Regelung, denn jener darf den ihm geschenkten Anteil für die Dauer von fünf Jahren weder veräußern noch aufgeben (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG).
Den Schenker betrifft diese Frist jedoch nicht. Und doch waren FA und BMF im Urteilsfall der Meinung, auch der Schenker habe diese Frist zu wahren und müsse das nicht anteilig mit übertragene Sonderbetriebsvermögen so lange beibehalten. Dies solle sich aus der Formulierung ergeben, dass das Wirtschaftsgut "weiterhin" zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehöre.
Dieser Auffassung ist der BFH nicht gefolgt. Für den Schenker ergeben sich aus § 6 Abs. 3 Satz 2 EStGkeine Einschränkungen. Er kann über sein zurückbehaltenes Sonderbetriebsvermögen frei verfügen, ohne dadurch rückwirkend die frühere Buchwertübertragung zu gefährden. Gleiches gilt übrigens auch für den zunächst weiter gehaltenen Anteil an der Personengesellschaft.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.5.2016 – IV R 12/15