Leitsatz
1. Bei einer wegen beabsichtigter Selbstnutzung von vornherein nur kurzfristig angelegten Vermietungstätigkeit fehlt es an der Einkünfteerzielungsabsicht, wenn der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum kein positives Gesamtergebnis erreichen kann.
2. Negative Einkünfte aufgrund von steuerrechtlichen Subventions- und Lenkungsnormen sind bei einer kurzfristig angelegten Vermietungstätigkeit in die entsprechend befristete Totalüberschussprognose einzubeziehen, wenn der jeweilige Zweck der Subventions- und Lenkungsnorm sowie die Art der Förderung dies gebieten (Abgrenzung zu BFH, Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, 771).
3. Geltend gemachte Sonderabschreibungen nach den §§ 1, 3 und 4 FördG sind in eine befristete Prognose einzubeziehen.
Normenkette
§ 21 EStG , § 1 FördG , § 3 FördG , § 4 FördG , § 7 FördG
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige errichtete 1991 ein Gebäude mit zwei Wohnungen, die er in den Jahren 1992 bis 1997 für die Dauer von einem bis vier Jahren vermietete. Die Mietverhältnisse endeten aber jeweils bereits nach einigen Monaten bis eineinhalb Jahren.
Aus den Mietverträgen ergab sich, dass der Kläger beabsichtigte, nach Beendigung der Verträge die Wohnungen für sich bzw. seine Familienangehörigen zu nutzen. Seit 1995 bewohnt er eine Wohnung selbst. Die andere bewohnte er vorübergehend.
Entscheidung
Der BFH sah die mit der Absicht der Selbstnutzung verbundene befristete Vermietung als Indiz gegen die Absicht einer längerfristigen Vermietung an.
Die Folge dieser Würdigung ist, dass anhand einer Totalüberschussprognose die Einkünfteerzielungsabsicht festzustellen war.
In diese Prognose waren die Sonderabschreibungen nach dem FördG einzubeziehen. Denn die Sonderabschreibungen nehmen die steuerliche Entlastungswirkungen, die ansonsten über die Normal-AfA im Lauf eines längeren Vermietungszeitraums anfallen würden, vorweg.
Folglich müssen sie auch in der Zeit der steuerlichen Nutzung, d.h. hier der kurzfristigen Vermietung, berücksichtigt werden. Denn andernfalls könnte der Steuerpflichtige in der kurzfristigen Vermietungszeit über die Sonderabschreibungen Herstellungskosten geltend machen, obwohl diese (teilweise) erst durch die spätere Eigennutzung veranlasst sind.
Anders ist es bei einer längerfristigen Vermietung. Hier können die Sonderabschreibungen bei der Prognose außen vor bleiben. Hier darf dem Steuerpflichtigen die vom Gesetz erlaubte Vorverlagerung von Werbungskosten in frühere Veranlagungszeiträume nicht zum Nachteil gereichen. Denn sein Verhalten entspricht dem Regelungszweck des § 21 EStG.
Dasselbe gilt, wenn die Vermietungstätigkeit aufgrund eines neu gefassten Entschlusses aufgegeben wird.
Hinweis
Die Entscheidung präzisiert die Voraussetzungen, unter denen Werbungskostenüberschüsse bei VuV anzuerkennen sind. Danach ist wie folgt zu differenzieren:
1. Bei auf Dauer angelegter Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Dauerhafte Vermietung liegt vor, wenn sie (nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen) keiner Befristung unterliegt.
2. Gleiches gilt, wenn bei auf Dauer angelegter Vermietung aufgrund eines neu gefassten Entschlusses das Objekt veräußert oder selbst genutzt wird.
3. Bei nicht auf Dauer angelegter Vermietung ist eine Totalüberschussprognose für den Zeitraum der tatsächlichen Vermietung anzustellen. Die Feststellungslast für die Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige.
4. Sonderabschreibungen nach dem FördG sind in die zeitlich befristete Prognose einzubeziehen.
Mit dieser Entscheidung dürfte den beliebten Gestaltungen der Boden entzogen sein, bei denen ein Objekt zunächst für einige Jahre vermietet wird und nach Renovierung und Mitnahme der Steuervorteile selbst genutzt wird. Denn die Einbeziehung der Sonderabschreibungen in die kurzfristige Prognose führt regelmäßig zu Werbungskostenüberschüssen und damit zur Nichtberücksichtigung der Verluste.
Bei längerfristiger Vermietung und ebenso bei Aufgabe der Vermietung aufgrund eines neu gefassten Entschlusses sind dagegen die Sonderabschreibungen nicht einzubeziehen.
Nicht mit Verlängerungsklausel versehene Mietverträge, die die erklärte Absicht der Selbstnutzung enthalten, sind als Indiz gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit zu werten. Allein eine kurzfristige Vermietung – ohne Anzeichen für eine beabsichtigte Selbstnutzung – dürfte allerdings nicht für die Annahme einer nicht auf Dauer angelegten Vermietungsabsicht sprechen. Denn vielfach werden befristete Mietverträge auch bei längerfristiger Vermietungsabsicht empfohlen, um sich die Möglichkeit offen zu halten, eine nicht genehme Mietpartei ggf. durch eine andere zu ersetzen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 9.7.2002, IX R 57/00